Dass eine demokratische Veranstaltung wie der politische Aschermittwoch der Grünen abgesagt werden muss, weil die Zufahrt für den Ministerpräsidenten, die Bundes-Grünen-Vorsitzende, den Bundeslandwirtschaftsminister und andere gewaltsam blockiert wird, weil Steine fliegen und die Scheibe an einem Regierungsauto zerschlagen wird – das ist ein Tabubruch, etwas, was es seit Nazi-Zeiten nicht mehr gab. Schnell haben sich die anderen demokratischen Parteien, mal klarer, mal halbherziger, davon distanziert. Aber die Gewalt gegen die Grünen ist auch eine Folge davon, wie die Parteien mit dem C im Namen seit Monaten die Grünen attackieren: pauschal, diffamierend, skandalisierend.
Ihre Parolen finden sich dann, wie im Fernsehen zu sehen ist, auf den Plakaten an den Traktoren zum Beispiel vor der Stadthalle in Biberach wieder: »Deutschland wird nicht regiert, sondern ruiniert.« Söder wiederholt es am Aschermittwoch in Passau. Fehlanzeige dagegen bei eigenen Gegenvorschlägen. Zum Beispiel dazu, wie denn das noch unter Merkel mitunterschriebene 1,5-Grad-Ziel gegen die Klimaerwärmung erreicht werden soll. Und das in einer Zeit, wo diese laufend neue Rekorde bricht – 2023 das wärmste Jahr, der Januar 2024 wieder der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Das geschieht alles viel früher und viel massiver, als es vorausgesagt wurde, und zwar unumkehrbar.
Nur die Grünen scheinen das ernst zu nehmen. Ja, es sind »angespannte Zeiten« mit einem »fragilen gesellschaftlichen Frieden«. Aber gerade da müssten die demokratischen Parteien und gesellschaftlichen Akteure, die Bauern eingeschlossen, vorsichtig sein, wo sie weiter Öl ins Feuer gießen. Physischer Gewalt geht oft verbale Aggression voraus.
Cornelia Eberle, Reutlingen
