Logo
Aktuell Leserbrief

»Angst vor Mogelpackung«

Reutlinger Stadtmarketing (per E-Mail)

Kein Startschüsschen, sondern ein fulminantes Bombardement mit der geistreichen Moderationsgranate Helge Thun, witzigen Improvisationskrachern samt Musikböllern wie Heiner Kondschak; quasi nebenbei: Informationen darüber, wie der Begriff »Marke« zu verstehen ist.

Ab März wird die Reutlinger Bürgerschaft befragt, welche positiven Attribute ihrer Stadt es gibt und wie schwer diese wiegen. Daraus sollen markentaugliche Aspekte extrahiert werden, die die Stadt in ihrer Attraktivität beschreiben von A wie Achalm bis Z wie Zuzug.

Der Charakter einer Stadt wird allerdings von zahlreichen Facetten geprägt, ist hochkomplex und reich an Einzelaspekten, die in ihrer Gesamtheit kein Mensch aufzudröseln vermag. Schön, dass nicht nur eine rosa Brille zum Einsatz kommen soll, sondern auch Raum für Nachbesserungen bleibt. Das subjektive Empfinden der befragten Bürgerschaft kann zu einer vermeintlich objektiven Selbstdarstellung führen. Dennoch gibt es Aspekte, die nicht übersehen werden sollten: Vermüllung, Verkehrsführung, Buslinienvertaktung, Erhalt historischer Bausubstanz, Grünflächenmanagement, Kinderbetreuung und Wohnungsbau, um nur ein paar Dauerbaustellen zu nennen. Wenn ein Hamburger oder Bielefelder nach Reutlingen kommt, sieht er nicht wenige Menschen, die in Abfalleimern nach Pfandflaschen suchen (müssen).

Meine Sorge ist, dass trotz aller Markenfindungseuphorie eine Mogelpackung entstehen könnte, die von mehr Schein als Sein geprägt sein könnte.

Paul Rasch, Reutlingen