Der Schlagabtausch zwischen Bund und Land um den Ausbau der Neckarschleusen geht in die nächste Runde. Nach den Klagen aus Baden-Württemberg, der Bund wolle vom Ausbau der Neckarschleusen abrücken, hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Mittwoch versichert, an den Plänen festhalten zu wollen. Landesressortchef Winfried Hermann (Grüne) hält das für »Vertrösten« und fordert zugleich mehr Tempo.
Wissing hatte laut eines Sprechers zuvor gesagt, der Bund stehe zu der mit dem Land Baden-Württemberg geschlossenen Vereinbarung, die Infrastruktur am Neckar mittelfristig auszubauen. Dazu zähle auch die Verlängerung der Schleusen von derzeit 105 auf 135 Meter. Es seien zunächst aber zahlreiche Instandhaltungs- und Sicherungsarbeiten überall entlang der Strecke abzuarbeiten, die keinen weiteren Aufschub duldeten. Nur so könne man die Binnenschifffahrt auf dem Neckar sichern, sagte der Bundesverkehrsminister. Zunächst hatte die »Heilbronner Stimme« über die Aussagen Wissings berichtet.
Für Minister Hermann sind das »allgemeine Versprechen«, die im Widerspruch zur Vereinbarung von Bund und Land aus dem Jahr 2007 sowie dem Koalitionsvertrag der Ampelkoalition stünden. Er fürchtet, der Ausbau des Neckars würde über Jahrzehnte verschoben. »Niemand wird die für hunderte Millionen Euro frisch sanierten Schleusen nach einigen Jahren wieder aufreißen, um sie zu verlängern«, teilte Hermann am Mittwoch in Stuttgart mit. Sanierung und Ausbau müssten Hand in Hand gehen. Alles andere sei ökonomisch unsinnig und eine Verschleuderung von Steuergeldern. Zuvor hatte Hermanns Ministerium dem Bund bereits vorgeworfen, sich beim Ausbau der Neckarschleusen aus der Verantwortung zu ziehen. Der Bund habe einseitig den Projektausstieg beschlossen, hatte ein Sprecher des Ministeriums in Stuttgart mitgeteilt.
Unterstützung bekam Hermann von den Grünen im Landtag. Der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Marwein, teilte mit, Wissing stelle sich stur und vertage den Ausbau auf den Sankt-Nimmerleinstag. Die Fraktion möchte die Landesregierung bitten zu prüfen, ob Sanierung und Ausbau der Neckarschleusen abgekoppelt werden könnten, um beides parallel umzusetzen.
Verständnis zeigte dagegen Wissings Parteifreund, der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag, Christian Jung. Er teilte mit, es sei aus Gründen der Betriebssicherheit am Neckar und zum Schutz der Bevölkerung sinnvoll, wenn nun zuerst die Stauwehre saniert würden.
Bund und Land hatten 2007 eine Vereinbarung geschlossen, die 27 Schleusen auf dem Neckar zwischen Mannheim-Feudenheim und Plochingen für Güterschiffe mit einer Länge von bis zu 135 Metern befahrbar zu machen. Dazu müssen die Schleusen baulich verlängert werden. Ursprünglich sollte der Ausbau im Jahr 2025 abgeschlossen werden. Ein 2018 vorgelegter neuer Zeitplan sah den Ausbau der Schleusen bis Heilbronn im Jahr 2040 und bis Plochingen im Jahr 2050 vor. Noch ist keine Schleuse ausgebaut worden.
Bericht »Heilbronner Stimme« (kostenpflichtig)
© dpa-infocom, dpa:220427-99-61927/4