Bei den Tarifverhandlungen für die rund eine Million Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie im Südwesten hat die Arbeitgeberseite auch in der zweiten Verhandlungsrunde kein konkretes Angebot vorgelegt. Einen neuen Verhandlungstermin soll es am 27. Oktober geben - einen Tag vor Ablauf der Friedenspflicht. Die IG Metall bereitet sich laut Landeschef Roman Zitzelsberger bereits auf Warnstreiks vor.
Die Gewerkschaft fordert in der laufenden Tarifrunde acht Prozent mehr Geld und verweist unter anderem auf die stark steigenden Lebenshaltungskosten. Der Arbeitgeberverband Südwestmetall sah zuletzt keinen Spielraum für Tabellenerhöhungen.
Das habe sich auch mit dem Mittwoch nicht geändert, sagte Verhandlungsführer Harald Marquardt. Er sprach von einer »völlig überzogenen« Forderung der IG Metall. Die Seiten hätten sich aber gegenseitig zugehört und seien in der Bewertung der Situation nähergekommen. Ziel sei, trotz vieler Krisen die Mitarbeiter an den Standorten und die Industrie wettbewerbsfähig zu halten. Die Arbeitgeberseite habe einen »bunten Blumenstrauß« an Maßnahmen zur Bewältigung präsentiert.
»Heute kam kein bunter Blumenstrauß [...], sondern im besten Fall ein angestaubtes Trockengesteck aus dem Keller des Arbeitgeberverbands auf den Tisch«, sagte hingegen Zitzelsberger. Vorschlägen wie etwa zur Flexibilisierung der Arbeitszeit stand er ablehnend gegenüber. Der Gewerkschafter warf der Arbeitgeberseite Taktiererei und Spielen auf Zeit vor. In der Vergangenheit sei es üblich gewesen, in der zweiten Verhandlungsrunde und mit genügend Vorlauf zu etwaigen Warnstreiks zumindest ein konkretes Angebot auf dem Tisch zu haben.
Mit der jetzigen zeitlichen Verzögerung müsse er davon ausgehen, dass es auf jeden Fall zu Warnstreiks komme. Mit dieser Phase werde sich die IG Metall aber nicht zu lange aufhalten und alle Eventualitäten durchspielen, sagte er auf eine Frage zu einer weiteren Eskalation des Arbeitskampfes und einer möglichen Urabstimmung.
Vor dem Verhandlungsort in Kornwestheim versammelten sich am Mittwoch laut IG Metall und Polizei rund 5000 Menschen mit Trillerpfeifen, Plakaten und Rauchfackeln zu einer Kundgebung. Dazu seien weitere 5000 zu Aktionen in den Regionen gekommen, hieß es von der Gewerkschaft.
Insgesamt arbeiten in der Branche in Baden-Württemberg rund eine Million Menschen, bundesweit sind es vier Millionen. Auch in anderen Bezirken hatte die Arbeitgeberseite in der zweiten Runde kein Angebot auf den Tisch gelegt und sich auf einen weiteren Termin kurz vor Auslaufen der Friedenspflicht am 28. Oktober vertagt. Ab dem 29. Oktober kann die IG Metall dann zu Warnstreiks aufrufen.
In der Regel wird im Laufe der Verhandlungen ein Pilotbezirk vereinbart, dessen Abschluss dann die übrigen Regionen übernehmen. Zitzelsberger hatte im Vorhinein sein grundsätzliches Interesse am Pilotbezirk bekundet, dies sei ein zusätzlicher Ansporn.
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