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Aktuell Umfrage

Zu viele Flüchtlinge: Bürger im Land fühlen sich überfordert

Flüchtlinge in Landeserstaufnahmestelle
Flüchtlinge warten in einer Landeserstaufnahmestelle in einer Schlange. Der Landkreistag spricht sich für die Prüfung von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen und die Beendigung freiwilliger Aufnahmeprogramme aus. Foto: Stefan Puchner
Flüchtlinge warten in einer Landeserstaufnahmestelle in einer Schlange. Der Landkreistag spricht sich für die Prüfung von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen und die Beendigung freiwilliger Aufnahmeprogramme aus.
Foto: Stefan Puchner

STUTTGART. Volle Sammelunterkünfte, belegte Turnhallen, klamme Haushaltskassen: Viele Städte sind am Anschlag. Trotzdem kommen immer mehr Flüchtlinge. Den Bürgern bereitet das Sorgen. Das hat eine repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der baden-württembergischen Tageszeitungen ergeben. Die Ergebnisse im Detail.

- Bereiten die steigenden Flüchtlingszahlen der Bevölkerung Sorgen?

Mit großer Sorge verfolgen die Baden-Württemberger die steigenden Flüchtlingszahlen. Allein 146 000 Menschen aus der Ukraine hat der Südwesten im Jahr 2022 aufgenommen. Hinzu kamen Menschen aus anderen Ländern. Davon sehr besorgt zeigen sich 33 Prozent der Befragten, etwas besorgt 45 Prozent und nicht besorgt 18 Prozent. Damit ist die Stimmung in der Bevölkerung angespannter als im vergangenen Jahr.

- Kann Baden-Württemberg noch mehr Flüchtlinge aufnehmen?

Dass die Kapazitäten zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge ausgeschöpft sind, glauben immer mehr Bürger. Die Unterbringung weiterer Menschen in Baden-Württemberg halten 17 Prozent für problemlos möglich, 32 Prozent für eingeschränkt möglich und 40 Prozent für unmöglich. Noch kritischer betrachten die Befragten die Situation im eigenen Ort. Dort plädieren nur 15 Prozent für einen unbegrenzten Zuzug, 28 Prozent für einen begrenzten Zuzug und 48 Prozent gegen jeglichen Zuzug. Das sind fast doppelt so viele wie vor einem halben Jahr: Damals lehnten nur 27 Prozent eine weitere Aufnahme strikt ab. Bei der Ablehnung gibt es allerdings deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land: Je kleiner der Ort, desto größer die Skepsis. Die Unterbringung weiterer Flüchtlinge in ihrer Umgebung halten 56 Prozent der Bewohner von Dörfern für ausgeschlossen; in Großstädten sind es nur 43 Prozent.

- Sind die Gemeinden mit den Flüchtlingen überfordert?

Die Flüchtlingssarbeit der eigenen Gemeinde sieht die Mehrheit der Baden-Württemberger kritisch. 42 Prozent sind der Ansicht, dass ihre Kommune den starken Zuzug nicht gut bewältigt. Fast ebenso viele (39 Prozent) erstellen ihrem Wohnort dagegen ein gutes Zeugnis.

- Gibt es Widerstand gegen Flüchtlingsunterkünfte?

Großen Flüchtlingsunterkünften begegnet die Bevölkerung mit Skepsis. 32 Prozent der Befragten würde sich gegen eine Einrichtung vor Ort wehren, 41 Prozent würde sie akzeptieren. Auch hier ist das Stadt-Land-Gefälle groß: Während die Ablehnung in Großstädten 27 Prozent beträgt, liegt sie in Dörfern bei 40 Prozent. Umgeschlagen ist die Stimmung bezüglich der Umwidmung von Turnhallen in Flüchtlingsunterkünfte: Die Zustimmung ist innerhalb eines halben Jahres von 44 auf 35 Prozent gefallen, die Ablehnung dagegen von 38 auf 49 Prozent gestiegen.

- Fühlt die Bevölkerung sich in ihrer Sicherheit bedroht?

Beim Sicherheitsgefühl gehen die Meinungen in der Bevölkerung auseinander. Die Hälfte (51 Prozent) fühlt sich wegen der Flüchtlinge nicht weniger sicher als früher, ein Drittel (33 Prozent) dagegen schon. Persönliche Nachteile aufgrund der Flüchtlinge hat allerdings nur eine Minderheit erlebt. Ein Viertel (26 Prozent) berichtet von Einschränkungen, über die Hälfte (63 Prozent) hat keine negativen Erfahrungen gemacht.

- Macht das Land gute Flüchtlingspolitik?

Die Flüchtlingspolitik des Landes wird überwiegend kritisch bewertet. Über die Hälfte der Bürger (54 Prozent) finden sie schlecht, nur ein Viertel (24 Prozent) gut. Dabei ist das Vertrauen in die Kompetenz aller Parteien gleichermaßen gering. Am besten schneiden noch CDU und AfD mit jeweils 12 Prozent Zustimmung ab. Die Mehrheit der Befragten (53 Prozent) ist jedoch von keiner Partei überzeugt oder unsicher, ob gute Konzepte überhaupt zur Debatte stehen.

- Was wird kritisiert an der Flüchtlingspolitik?

Für ihre Flüchtlingspolitik muss die Landesregierung viel Kritik von der Bevölkerung einstecken. 66 Prozent der Umfrageteilnehmer fordern, dass Baden-Württemberg straffällige Ausländer konsequenter abschiebt. 41 Prozent wünschen sich eine konsequentere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. 39 Prozent haben den Eindruck, dass die Landesregierung das Wohl der Flüchtlinge über das Wohl der Bürger stellt. Allerdings sehen die Bürger auch die Bundespolitik in der Pflicht: 37 Prozent finden, der Bund unterstützt die Länder zu wenig bei Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Sorgen bereiten den Bürgern dabei weniger die Flüchtlinge aus der Ukraine. Ein Drittel (33 Prozent) stört sich vor allem an den steigenden Flüchtlingszahlen aus anderen Ländern. Gegenüber den Kritikern sind die Befürworter in der Minderheit: Nur ein Viertel (26 Prozent) hält die Integration in der eigenen Kommune für gelungen. Weitere 22 Prozent sind überzeugt, dass Baden-Württemberg die hohe Zahl an Flüchtlingen gut verkraftet. (GEA)