So extrem wie die Zoos in Dortmund und Dresden fällt das Energiesparen in den baden-württembergischen Tierparks nicht aus. Die Stadt im Revier zog die Notbremse und schließt zum Jahresende das renovierungsbedürftige Amazonas-Haus, weil die Energiekosten explodiert sind. Dresdens Zoo macht das sehr beliebte Terrarium früher dicht als geplant. In Karlsruhe, Heidelberg und in der Stuttgarter Wilhelma heißt es dagegen einstimmig, es müsse zwar gespart werden, hier und dort steigen auch die Eintrittspreise leicht. Aber es sollen weder Häuser geschlossen noch Tiere abgegeben werden.
Und die Besucher? Werden sie fernbleiben? Wird ihnen so ein Zoo-Besuch zu teuer in einer Zeit, in der sie selbst sparen müssen, wo es eben geht? Und das ausgerechnet nach einer langen Corona-Phase, in der viel weniger Besucher in die Tierparks kamen und die finanzielle Lage teilweise prekär ist.
Bitter ist die Energiekrise für die Stuttgarter Wilhelma. Deren Besucherzahlen sind im vergangenen Jahr zwar leicht auf fast eine Million Gäste gestiegen. Der zoologisch-botanische Garten war als landeseigener Betrieb in den Corona-Jahren aber zweimal von millionenschweren Finanzspritzen aus dem Landeshaushalt abhängig, um während des Lockdowns die Tiere versorgen zu können. Derzeit spart die Wilhelma Strom wie andere Zoos auch: Per Bewegungsmelder geht das Licht nur an, wenn tatsächlich jemand in den Raum kommt. Es gibt kein warmes Wasser in den Toilettenräumen und bei allen Gebäuden sind die Temperaturen abgesenkt worden, »ohne Belegschaft, Tiere und Pflanzen zu gefährden«, sagte Wilhelma-Sprecher Harald Knitter. »Wie sich das Zusammenspiel aus Kostensteigerungen und Verbrauchssenkungen unter dem Strich auswirkt, lässt sich derzeit nicht in Zahlen ausdrücken«, sagte er.
Klar ist aber: Es wird nichts gesperrt, aufgegeben oder geschlossen. »Die Aufgaben der Wilhelma, etwa beim Schutz der Artenvielfalt, sollen nicht eingeschränkt werden durch einschneidende Maßnahmen wie die Abgabe von Tieren oder Pflanzen oder den Abbau des Personals, das sie betreut«, sagte Knitter. Auch höhere Eintrittspreise seien »derzeit nicht geplant«.
»Nein, ich glaube nicht, dass Besucher ausgerechnet bei uns sparen - und ich hoffe es natürlich auch nicht«, sagte Marcus Rügamer, Geschäftsführer des Wildparks in Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis). »Unsere Gäste streichen ja vor allem die Urlaubsreise. Sie fahren vielleicht weniger ins Ausland, aber irgendwo müssen sie in den Ferien ja auch hin.« Das habe sich bislang in jedem Krisenjahr so gezeigt. »Wir haben da in diesem Jahr kein schlechtes Gefühl und stecken den Kopf auch nicht in den Sand.«
Der Wildpark erhöht seine Eintrittspreise von 13 auf 14 Euro pro Besuch. »Ich hoffe, dass sich das nicht negativ auswirkt«, sagte Rügamer. »Aber die Stromkosten haben sich fast verdreifacht. Und was wir da zahlen müssen bei 300.000 Kilowattstunden Verbrauch, das kann man sich ausrechnen.«
Auch der Verband der Zoologischen Gärten hofft: »Wir merken ja, dass die Menschen die Zoos lieben, deshalb steigen bei vielen unserer 56 deutschen Mitglieder auch die Besucherzahlen wieder«, sagte Geschäftsführer Volker Homes. Er ist überzeugt, dass auch moderate Preissteigerungen akzeptiert werden: »Das ist bei höheren Preisen im Supermarkt und an der Kinokasse ja auch so, wenn es verhältnismäßig bleibt.«
Ähnlich klingt das in Heidelberg, wo die Eintrittspreise zum Beginn der Hauptsaison am 1. März 2023 um durchschnittlich 3 Prozent zulegen. »Sie wurden auch in der Vergangenheit regelmäßig an gestiegene Kosten angepasst«, sagte Jana Mechler vom Tiergarten in der Neckarstadt. Mit der nächsten Erhöhung würden die stark gestiegenen Kosten nur im geringen Umfang an Besucher weitergegeben. »Wir hoffen, dass die sehr moderate Preiserhöhung nicht zu sinkenden Besucherzahlen führt.«
Im Wildparadies Tripsdrill müssen erwachsene Gäste schon seit dem 7. November einen Euro mehr für ihr Online-Ticket bezahlen (bisher 13 Euro). Begründung auch hier: höhere Preise für Strom und Futter, Instandhaltung und Personal. »Da es sich um eine moderate Preisanpassung handelt, gehen wir nicht davon aus, dass sich das auf unsere Besucherzahlen auswirken wird«, sagte Birger Meierjohann, Sprecher des Erlebnisparks in Cleebronn. Für den Eintritt gebe es ja auch einen hohen Gegenwert. Tripsdrill benötige als Wildpark mit Tierarten aus Europa und Nordamerika auch keine beheizten Tierhäuser und Winterquartiere. »Grundsätzlich sind wir darum von Kostensteigerungen im Energiesektor nicht in dem Maße betroffen wie zoologische Einrichtungen mit Arten aus tropischen Breiten«, sagte Meierjohann.
Im städtischen Zoo in Karlsruhe müssen Besucher erst ab dem Jahr 2024 etwas mehr für den Eintritt bezahlen: Das hänge nicht mit den allgemein gestiegenen Kosten zusammen, sondern sei vom Gemeinderat lange im Voraus geplant, sagte eine Sprecherin. Sie versicherte: »Trotz der aktuellen Lage wird es keine Planänderung geben.« Bislang belasteten die Kosten für Strom und Fernwärme den Zoo nicht, denn er ist Großkunde und kann auf stabile Preise vertrauen. »In 2023 kann sich dies jedoch ändern«, sagte die Sprecherin. Zudem sind die Baukosten zum Beispiel für die Afrika-Savanne sehr hoch, weitere Investitionen verzögern sich zum Teil deutlich und die Mehrkosten müssen teilweise über Drittmittel und Spenden gestemmt werden.
Weitere Chancen zum Sparen in der Haltung von Pandas, Seelöwen und anderen Tieren sehen die Karlsruher nicht: »Bei der Tierhaltung gibt es keine Einsparungen«, heißt es deutlich. »Es werden keine Tiere abgegeben, die Heizungen zum Beispiel der Tierhäuser kann auch nicht heruntergefahren werden.« Gespart wird woanders: Die Beleuchtung des Zoos ist bereits fast vollständig auf LED umgestellt, alle Neubauten und Umbauten sind energetisch optimiert, es gibt Photovoltaik-Anlagen und weitere PV-Anlagen sind in Planung. (dpa)