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Aktuell Streuobst

Zoff um Stuttgarter Apfelsaft

Zwei Säfte, zwei Hersteller und ein Problem: Könnte durch den Streit die Aufpreis-Initiative scheitern?

Foto: nicht angegeben
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STUTTGART. Muss im »Stuttgarter Apfelsaft« ausschließlich der Saft von Stuttgarter Äpfeln sein? Um diese Frage ist ein heftiger Streit unter zwei regionalen Fruchtsaftproduzenten entbrannt. An Brisanz gewinnt die Auseinandersetzung, weil sogar die Stadt jetzt eindeutig Stellung bezieht. Sie sieht die Aufpreis-Initiative zur Förderung der Stuttgarter Streuobstwiesen gefährdet.

Im Stuttgarter Apfelsaft steckt derzeit der Wurm. Der Grund: Auf dem Markt gibt es gleich zwei Produkte mit dieser Bezeichnung. Der eine Saft wird in Stuttgart-Uhlbach in der Fruchtsaftkelterei Mayer gepresst und abgefüllt. Der andere bei Bittenfelder Fruchtsäfte in Waiblingen-Bittenfeld. Das in Stuttgart hergestellte Produkt, dessen Markenname nicht geschützt ist, entsteht in Kooperation mit dem seit 30 Jahren existierenden Förderkreis Stuttgarter Apfelsaft, zu dessen Mitbegründern auch die Stadt Stuttgart gehört. Der Saft wird nur aus Äpfeln von Stuttgarter Streuobstwiesen gewonnen. Auf dem Etikett des Bittenfelder Apfelsafts liest der aufmerksame Kunde etwas ganz anderes: Dort steht im Kleingedruckten unter der Bezeichnung »Stuttgarter Apfelsaft« die Erklärung: »Hergestellt aus Streuobstäpfeln des Regierungsbezirks Stuttgart«. Ein Etikettenschwindel also?

Dass der Mitbewerber damit »ein falsches Spiel mit Verbrauchererwartungen betreibt«, meint zumindest Alexander Mayer. Was den Chef von Mayer Fruchtsäfte besonders ärgert: Während Bittenfelder durch diesen Kniff auf eine große Menge Obst aus einem Gebiet zwischen Neckar und Main zurückgreifen kann, bescheidet sich das Uhlbacher Unternehmen dem Produktnamen gemäß mit der Ernte von der Stuttgarter Gemarkung. Ein ungleicher Kampf: Entsprechend häufig findet sich das Produkt aus Waiblingen inzwischen in den Supermärkten der Stadt.

»Das hat nichts mit dem Apfelsaft der Aufpreis-Initiative zu tun«

Erschwerend hinzu kommt: Mit dem Stuttgarter Apfelsaft des Förderkreises, den Mayer herstellt, wird über einen Aufpreis von sechs Euro je 100 Kilogramm abgelieferter Äpfel der Streuobstbau und damit die Pflege der Kulturlandschaft in der Stadt gefördert. Jede Flasche kostet deshalb im Verkauf zehn Cent mehr. Der Förderkreis Stuttgarter Apfelsaft betont deshalb, dass das Konkurrenzprodukt aus Waiblingen »nichts mit dem echten Stuttgarter Apfelsaft unserer Aufpreis-Initiative zu tun hat«. Der Vorsitzende des Förderkreises, Wolf-Dietrich Paul, sieht auf Grund der zuletzt schlechten Apfelernte die Gefahr, dass der Apfelsaft des Förderkreises nun vom Markt verdrängt werde.

Selbst die Stadt Stuttgart sieht sich veranlasst, im Apfelsaftstreit der Marktkonkurrenten Stellung zu beziehen: Sie räumt zwar ein, dass die Angaben auf dem Etikett des Bittenfelder Apfelsafts laut Ministerium für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz »lebensmittelrechtlich zulässig« seien. Dennoch suggeriere die deutlich größer geschriebene Bezeichnung »Stuttgarter Apfelsaft« den Verbrauchern eine »Herkunft der Rohware aus Stuttgart oder vielleicht noch der unmittelbaren Umgebung«, so ein Sprecher der Stadt.

»Beim echten Stuttgarter Apfelsaft verpflichten sich die Obstlieferanten zum einen nur Obst von der Stuttgarter Gemarkung abzuliefern, und zum anderen, dabei die Erzeugerrichtlinien des Förderkreises einzuhalten«, erklärt die Stadtverwaltung. Bei der Gründung des Förderkreises 1993 sei es wichtig gewesen, über die damals neue Idee einer Aufpreis-Initiative die Pflege heimischer Streuobstwiesen attraktiver zu machen. Die Stadtverwaltung sehe es deshalb »mit Besorgnis, dass die erfolgreichen Bemühungen zum Erhalt der Stuttgarter Streuobstwiesen durch ein Nachahmer-Produkt konterkariert werden«. Jürgen Petershans, Chef der Bittenfelder Fruchtsäfte, fühlt sich indes vom Konkurrenten zu Unrecht angeschwärzt, zumal, wie er sagt, sein Stuttgarter Apfelsaft bereits seit vier bis fünf Jahren auf dem Markt sei. »Klar gibt es unter den regionalen Fruchtsäfteherstellern Konkurrenz«, sagt Petershans. Aber das Resultat sei doch in beiden Fällen positiv: »Wir fördern alle gleichermaßen den Streuobstbau.«

In diesem Zusammenhang verweist er darauf, zum Beispiel im Landkreis Böblingen selbst an einer Aufpreis-Initiative beteiligt zu sein. Mayer Fruchtsäfte wirft er vor, einst umgekehrt seinen »Filder-Apfelsaft« nachgeahmt zu haben. Der Streit, bei dem noch unklar ist, wer am Ende in den sauren Apfel beißt, scheint noch lange nicht beendet. (GEA)