Für die ganz großen Töne sind Christian Streich und der SC Freiburg normalerweise nicht bekannt. Vor dem Heimspiel am Samstag in der Fußball-Bundesliga gegen den FC Bayern München (15.30 Uhr/Sky) klingen die Worte des Trainers aber forscher als gewohnt. »Uns ist es immer wieder gelungen, gegen die Bayern Punkte zu holen«, sagte Streich am Donnerstag. »Dass man so nah dran ist, ist keine Selbstverständlichkeit. Wir wollen es im Spiel so oft wie möglich schaffen, ihnen auf Augenhöhe gegenüberzutreten. Auch wir haben einen Anspruch an uns, und der ist aufgrund der Konstellation nicht geringer geworden.«
Rückschlüsse aus den zurückliegenden Partien verbittet sich Streich aber. Schon vor der Länderspielpause erklärte er, dass Fußball und Mathematik nichts miteinander zu tun hätten. »Bayern hat 0:5 gegen Gladbach verloren, und wir haben in Gladbach 6:0 gewonnen. Wenn man die Rechnung aufstellt, müssten wir ja mit 11:0 gewinnen«, sagte der 56-Jährige. »Dann gehen wir mit dem Ziel ins Spiel, 10:0 zu gewinnen. Denn die Ergebnisse sprechen dafür.«
Ernst meinte er diese Worte freilich nicht. Mit einem Coup dürfen die Freiburger aber sehr wohl liebäugeln. Seit sechs Spielen sind sie ungeschlagen. Als Tabellenfünfter und Halbfinalist im DFB-Pokal haben sie zudem die große Chance, erstmals seit fünf Jahren wieder im Europapokal dabei zu sein.
Seit dem Scheitern in der dritten Runde der Qualifikation an NK Domzale hat sich die Mannschaft unter Streich kontinuierlich weiterentwickelt. Das unterstreichen die zahlreichen Nationalspieler, die in der Länderspielpause unterwegs waren. So feierte Nico Schlotterbeck für die deutsche Nationalmannschaft sein Debüt. Mark Flekken stand zum ersten Mal für die Niederlande im Tor, Roland Sallai traf für Ungarn. »Sie haben es gut gemacht und das freut mich auch«, sagte Streich, dem lediglich Yannik Keitel (Operation am Zeh) und Kevin Schade (Bauchmuskelverletzung) sicher fehlen werden.
Für den Coach sind die Berufungen einerseits eine Auszeichnung. Andererseits hätte er sich vor dem Spiel gegen den Tabellenführer mehr Spieler in den Einheiten gewünscht. »Wir haben uns theoretisch viel überlegt, konnten aber wenig ausprobieren und einstudieren. Es war keine reguläre Trainingswoche, und das ist für die Vorbereitung auf ein Spiel gegen die Bayern, die über eine brutale individuelle Qualität verfügen, nicht gut«, sagte Streich.
Deswegen gehe es auch darum, bei eigenem Ballbesitz Ruhe zu bewahren. »Wir dürfen nicht nervös werden, nur weil ein Bayern-Trikot auf uns zu rennt«, warnte Streich. »Erstmal ist es nur ein Trikot. Dass da viel Qualität drinsteckt, ist klar. Aber wir dürfen uns nicht beeindrucken lassen.«
Für Hoffnung sorgt derweil die erstmals ausverkaufte Spielstätte. Es sei schön, nicht mehr auf Beton starren zu müssen, sondern endlich wieder Menschen sehen zu können, sagte Streich. Er pocht darauf, dass der Heimvorteil zum entscheidenden Faktor wird, um die Bayern zum ersten Mal seit 2015 wieder zu schlagen.
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