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Wiederansiedlung des Waldrapps auf gutem Weg

Zurückgekommen, um zu bleiben: Selbst bei Rückschlägen haben die in Deutschland und Österreich neu wieder angesiedelten Waldrappe gute langfristige Chancen, attestiert eine Studie.

Waldrapp
Ein Waldrapp. Foto: Felix Kästle
Ein Waldrapp.
Foto: Felix Kästle

Die aufwendige Wiederansiedlung des Waldrapps in Europa ist einer Studie zufolge auf gutem Weg. Die Population habe gute Aussichten auf ein langfristiges Überleben, teilte das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) in Berlin mit. Bekannt ist das Projekt vor allem durch die beeindruckenden Bilder in Deutschland und Österreich aufgezogener Vögel, die Ultraleichtflugzeugen über die Alpen in ihr italienisches Überwinterungsgebiet folgen.

Von dort kehren Tiere inzwischen eigenständig zurück und ziehen selbst Küken auf. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Johannes Fritz vom österreichischen Unternehmen Waldrappteam Conservation and Research und Sinah Drenske vom Leibniz-IZW hatten Daten von fast 400 Vögeln aus zwölf Jahren (2008-2019) ausgewertet und Zukunftsszenarien modelliert.

Auswilderungspopulationen gibt es in Überlingen am Bodensee sowie im bayerischen Burghausen. Bis ins 17. Jahrhundert lebten Waldrappe unter anderem an Felsen in Überlingen. Dann wurden ihnen Vogeljäger zum Verhängnis. Zuletzt waren die Tiere in freier Wildbahn praktisch ausgestorben. Die Waldrappe am Bodensee gehören zu einer von vier Kolonien, die zum Auswilderungsprojekt im Alpenraum zählen.

Insgesamt umfasst die ausgewilderte Population, die sich seit 2011 erfolgreich fortpflanzt, nach Forscherangaben aktuell etwa 200 Vögel in Österreich und Süddeutschland. 250 wilde Jungvögel seien in den Kolonien aufgewachsen. Die Überlebensrate im ersten Jahr liegt bei 52 Prozent für die wild geschlüpften und bei 73 Prozent für die freigelassenen Jungvögel, wie das Team im Fachjournal »Oryx« berichtet. Auch die Überlebensrate erwachsener Vögel sei hoch, ebenso die Fortpflanzungsrate. Der Reproduktionserfolg liege deutlich über den Werten der meisten wildlebenden Bestände und Zookolonien, sagte Fritz. »Wir führen dies auf das reichhaltige Nahrungsangebot in den Brutgebieten zurück.«

Auch Umweltkatastrophen könne die Population recht gut kompensieren, hieß es weiter. Im November 2022 zum Beispiel waren bei einem Orkan 27 Waldrappe ums Leben gekommen. Trotz der guten Aussichten seien weitere Maßnahmen nötig. So sollten Verluste durch Stromschlag an ungesicherten Strommasten und durch illegale Vogeljagd in Italien bekämpft werden. Auch sollte es weitere Auswilderungen geben.

Der Waldrapp (Geronticus eremita) ist Naturschutzverbänden zufolge einer der seltensten Vögel der Welt. Markante Merkmale sind sein kahles Gesicht, der sichelförmige, rote Schnabel und strubbelige Nackenfedern. Die Art brütet gerne in der Nähe von Gewässern an Felsklippen und Steilküsten. Die gänsegroßen Zugvögel lebten einst verbreitet im Alpen- und Mittelmeerraum.

Da das Zugverhalten nicht vererbt, sondern durch die Elterntiere an den Nachwuchs vermittelt wird, wurde den von Hand aufgezogenen Jungvögeln beigebracht, ihren menschlichen Pflegeeltern im Ultraleichtflugzeug zu folgen. So gelangten sie über die Alpen ins Winterquartier in der Toskana.

Ungewiss ist dem Forschungsteam um Fritz und Drenske zufolge noch, wie sich der Klimawandel auf die Population auswirken wird. Der Beginn des Herbstzugs verzögere sich bereits sukzessive. Infolgedessen hätten die Vögel immer größere Probleme, die Alpen zu überqueren - vermutlich weil es an unterstützender Thermik mangele.

Mitteilung IZW

Studie (englisch)

Nabu zum Waldrapp

© dpa-infocom, dpa:230216-99-614560/2