STUTTGART. Eigentlich gibt es im Hause Kretschmann unerschütterliche Traditionen. »Wir feiern Weihnachten immer gleich – ein ritualisiertes Fest«, sagte Ministerpräsident Winfried Kretsch-mann. So kommt an Heiligabend stets Käsefondue auf den Tisch und am ersten Weihnachtsfeiertag eine Gans. Dieses Jahr könnte aber die Corona-Pandemie und die am Horizont lauernde Omikron-Variante die Feierpläne im Sigmaringer Ortsteil Laiz durcheinanderwirbeln. Er wisse noch nicht, wie gefeiert werde, sagte der 73-Jährige – und wer kommt. »Wenn wir zu zweit sind, meine Frau und ich, dann singen wir wahrscheinlich nicht. Dann hören wir das Weihnachtsoratorium von Bach.«
Ein anstrengendes Jahr geht für die Politiker im Land zur Neige. Die Wahlen im Land und im Bund beanspruchten die Kräfte, die Pandemie hält die Entscheider weiter auf Trab. Ein Ende ist nicht absehbar. Im Gegenteil: Omikron verdüstert die Aussichten auf 2022. Deshalb ist es Zeit für eine Verschnaufpause. Die Politiker nutzen die Weihnachtstage zum Krafttanken – auf ganz unterschiedliche Weise.
Sächselnder Sozi
Der SPD-Fraktionschef Andreas Stoch versteht wenig Spaß, wenn es um die Kritik am grün-schwarzen Krisenmanagement geht. An Heiligabend jedoch ist der 52-Jährige für die komödiantischen Einlagen zuständig. Nach dem Fondue-Essen trägt Stoch jedes Jahr den Robert-Gernhardt-Klassiker »Erna, der Baum nadelt!« vor – und zwar mit sächsischem Akzent.
Restaurantbesuch als gute Tat
»Das ist bei uns wie ›Dinner for One‹ an Silvester im Fernsehen: Es geht nicht ohne«, sagte Stochs Frau Christine. Dafür hat der Sozi zwar nicht ganz so viel Publikum wie in einer Plenardebatte, aber voll wird es bei Stochs in Heidenheim dennoch: Vier Kinder zwischen 16 und 22, deren Freunde, die Großeltern – »Da wird schnell das Dutzend voll«, sagte Stochs Frau. Musiziert wird ebenfalls, mit Geigen, Cello, Klarinette und Klavier. »Und ich singe sehr laut mit«, sagte Stoch. Ob das von den Beteiligten gewünscht ist, ließ er offen. Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke will mit seiner Familie über die Feiertage viel in Restaurants essen gehen – praktisch als gute Tat für die Gastronomen. »Gerne unterstützen wir diese Branche in schwieriger Zeit«, sagt der 60-Jährige. Heiligabend feiern die Rülkes aber daheim in Pforzheim. Dort gibt es am Abend Kassler mit Kartoffelsalat.
Von Wichteln hält Rülke nicht viel, von Geschenken schon. Seine Frau bekommt dieses Jahr einen Ring von ihm, verrät er. »Da verrate ich auch vorab kein Geheimnis, denn sie hat ihn sich bereits ausgesucht.« Und wenn Rülke nicht gerade Geschenke schenkt oder essen geht, will er über die Feiertage zwei neue Biografien lesen – eine über den ehemaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss (FDP) und eine über den Mediziner Robert Koch. Außerdem will er sich den neuen James-Bond-Film ansehen.
Schäufele mit Schäuble
Wenn Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Heiligabend mit seinen Schwiegereltern Wolfgang und Ingeborg Schäuble speist, kommt ein badischer Klassiker auf den Tisch: Schäufele und Kartoffelsalat. Das steht auch in der Familie der Justizministerin Marion Gentges (CDU) auf dem Speiseplan.
Triangel oder Gitarre
Beim Essen ist man sich bei den Gentges zwar einig, bei der musikalischen Untermalung weniger. Der Mann spielt Saxofon, die Tochter Klavier, die Ministerin selbst hat klassische Gitarre gelernt – aber immer geraten sie aneinander, wer nun spielen soll und was. »Wir sind jedes Jahr am Diskutieren, wer Hausmusik macht«, sagte die 50-Jährige. Wobei sie selbst gar nicht als ernsthafte Anwärterin gilt: »Meine Tochter meint ja, ich sei musikalisch für mehr als Triangel eh nicht mehr zu gebrauchen.«
Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) hat ein ganz besonderes Weihnachten vor sich: Das erste Fest mit Baby. Der 38-Jährige ist seit wenigen Monaten Vater, mit Partnerin Katharina Schulze, der Grünen-Fraktionschefin im bayerischen Landtag, hat er einen kleinen Sohn bekommen. Wenn er nicht seinen Vaterpflichten nachkommt, geht Bayaz an Weihnachten gerne joggen. »Da bekomme ich den Kopf frei und kann das zurückliegende Jahr Revue passieren lassen.« Auch liest er gern – seit Längerem liegt etwa der US-Roman »Crossroads« von Jonathan Franzen auf seinem Nachttisch.
Theresa Schopper (60) ist nun seit sieben Monaten Kultusministerin in Baden-Württemberg und hat alle Hände voll zu tun im Kampf für offene Schulen. Sie will es deshalb über die Feiertage ruhig angehen lassen. »Eine große Sause lässt das Infektionsgeschehen für uns alle ja nicht zu. Ich freue mich auf ein paar ruhige Tage mit der Familie.«
Die Bayerin ist verheiratet und hat zwei Kinder. Theresa Schopper hofft auch, dass die Kinder im Land über die Weihnachtsfeiertage mal so richtig von dem Corona-Alltag abschalten können. »Der Schul- und Arbeitsstress soll für ein paar Tage wirklich mal vergessen sein«, sagte die grüne Ministerin. »Ich wünsche unseren Kindern und Jugendlichen die Geschenke, die sie sich gewünscht haben und Zeit zum Quatschen, Kuscheln, Lachen und Spielen mit ihren Lieben,« so Schopper. (dpa)