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Aktuell Umfrage

Wenn Wohnen im Land zum Luxus wird

Die Baden-Württemberger ächzen unter hohen Nebenkosten. Erneuerbare Energien wollen sie trotzdem

Auszug aus dem Elternhaus
Ein junger Mann, eine ältere Frau und ein älterer Mann tragen Umzugskartons in eine Wohnung. In Deutschland betrug das Durchschnittsalter beim Auszug geschlechterübergreifend 23,8 Jahre. Foto: Christin Klose/DPA
Ein junger Mann, eine ältere Frau und ein älterer Mann tragen Umzugskartons in eine Wohnung. In Deutschland betrug das Durchschnittsalter beim Auszug geschlechterübergreifend 23,8 Jahre.
Foto: Christin Klose/DPA

STUTTGART. Wohnen ist für viele Menschen im Südwesten zum Luxus geworden. Die Kritik: Wohnraum ist knapp und teuer. Und die Landesregierung tut nichts dagegen. Trotzdem steht die Mehrheit hinter dem Ausbau erneuerbarer Energien. Das hat eine repräsentative Umfrage im Auftrag der baden-württembergischen Tageszeitungen ergeben. Die Befragung führte das Institut für Demoskopie Allensbach im September unter rund 1.000 Bürgern durch. Die Ergebnisse im Detail.

 Wie leicht findet man bezahlbaren Wohnraum in der Region?

Die große Mehrheit der Baden-Württemberger hat Probleme, bezahlbaren Wohnraum in der Gegend zu finden. 85 Prozent der Befragten bezeichnen die Wohnungs- beziehungsweise Haussuche als schwer, 52 Prozent sogar als sehr schwer; nur 7 Prozent fällt sie leicht. Für das unzureichende Angebot verantwortlich sind knappes Bauland, hohe Baukosten, gestiegene Bauzinsen, anhaltende Material- und Lieferengpässe sowie immer neue Verordnungen und Umweltauflagen. 

 Wie lässt sich mehr bezahlbarer Wohnraum schaffen?

Mit welchen Maßnahmen Land und Kommunen für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen könnten, davon hat die Bevölkerung klare Vorstellungen. 62 Prozent der Bürger fordern einen Mietpreisdeckel, 55 Prozent schnellere Genehmigungsverfahren für Bauprojekte, 54 Prozent mehr Geld vom Staat für sozialen Wohnungsbau, 49 Prozent eine geringere Grunderwerbsteuer, 39 Prozent eine einfachere Vergabe von Baugrundstücken und 39 Prozent gelockerte Bauvorschriften.

Wie zufrieden sind die Bürger mit der Bau- und Wohnungspolitik der Landesregierung?

An der Bau- und Wohnungspolitik der baden-württembergischen Landesregierung gibt es viel Kritik. 61 Prozent der Bürger sind unzufrieden damit, 18 Prozent zufrieden. Selbst die Anhänger der Regierungsparteien sind skeptisch: Bei Grünen-Sympathisanten halten sich positive (39 Prozent) und negative Stimmen (41 Prozent) noch die Waage. Bei CDU-Parteigängern dagegen überwiegen die negativen Stimmen mit 54 zu 29 Prozent. Besonders groß ist der Unmut bei Wählern von SPD und AfD mit 70 und 80 Prozent. 

Wie zufrieden sind die Bürger mit der eigenen Wohnsituation?

Die eigene Wohnsituation bewerten die Baden-Württemberger größtenteils positiv – trotz des angespannten Wohnungsmarkts. 31 Prozent der Befragten sind mit ihrer persönlichen Lage sehr zufrieden, 51 Prozent zufrieden. 14 Prozent ziehen eine negative Bilanz, 3 Prozent eine sehr negative.

Eigentümer fühlen sich wohler als Mieter: Ganze 91 Prozent der Bewohner einer eigenen Immobilie zeigten sich zufrieden, bei den Mietern sind es nur 74 Prozent. Eigentümer und Mieter gibt es in Baden-Württemberg etwa gleich viele. Damit liegt der Eigentümer-Anteil im Südwesten zwar über dem Bundesdurchschnitt; insgesamt ist der Immobilienbesitz in Deutschland jedoch niedriger als fast überall sonst in Europa. Zwar ist der Traum vom Eigenheim auch hierzulande groß, für viele jedoch nicht bezahlbar. 

Wie groß ist die Belastung durch Wohnkosten?

Unter hohen Wohnkosten ächzen viele Baden-Württemberger. 42 Prozent der Wohneigentümer stufen ihre finanzielle Belastung als hoch oder sehr hoch ein. Bei den Mietern sind es sogar 50 Prozent. Noch kritischer bewertet werden die Nebenkosten: 52 Prozent der Eigentümer und 57 Prozent der Mieter fühlen sich von den Preisen für Strom, Wasser und Wärme stark gefordert oder sogar überfordert. Besonders unter Druck geraten Mieter mit geringem Einkommen, hier beschweren sich 68 Prozent. Bei Mietern mit hohem Einkommen sind es immerhin 44 Prozent.

Wie stark nutzen Wohneigentümer erneuerbare Energien?

Kostentreiber – zumindest mittelfristig – sind erneuerbare Energien. Deren Nutzung in Privathaushalten findet die Mehrheit der Bevölkerung trotzdem grundsätzlich gut – auch wenn in der Praxis noch Ausbaubedarf besteht. Derzeit nutzen immerhin 58 Prozent der Wohneigentümer erneuerbare Energien in mindestens einer Form. 

 Am weitesten verbreitet ist die Wärmedämmung der Außenfassade: 34 Prozent nutzen diese Möglichkeit bereits, 9 Prozent planen die Sanierung in den nächsten Jahren. 28 Prozent der Wohneigentümer erzeugen Solarstrom mit eigener Fotovoltaikanlage, 20 Prozent planen die Anschaffung. Solarthermie für Warmwasser betreiben aktuell 19 Prozent, 9 Prozent (laut Plan) künftig. Abgeschlagen auf Platz 4 der Beliebtheitsskala rangiert die Wärmepumpe: 15 Prozent nutzen eine, 11 Prozent wollen demnächst eine kaufen. Besser schneidet die Batterie zur Speicherung von Solarstrom ab: Zwar haben bisher nur 13 Prozent eine, aber 21 Prozent wollen eine. 

 

Die Solarpflicht, die seit Mai 2022 für Dächer von Neubauten und bei größeren Sanierungen in Baden-Württemberg gilt, findet übrigens jeder Zweite richtig. Nur knapp jeder Dritte lehnt sie ab. (GEA)