STUTTGART. Im Stadtteil Heumaden haben Unbekannte Ende März nahe der Häuser an der Gustav-Barth-Straße rund 40 Bäume gefällt – und einfach liegen lassen. Viele kleine Stämme entlang eines Weges sind einfach abgesägt, mehrere mächtige Kiefern müssen mit großem Aufwand angesägt worden sein, bis sie vollends abbrachen. Nach wie vor liegt das Holz kreuz und quer im Wald.
Genug scheinen die Täter damit aber noch nicht zu haben. »Es gibt weitere Fälle, in denen einzelne Baumfällungen festgestellt worden sind«, sagt Polizeisprecherin Ilona Bonn. Diesmal einige hundert Meter weiter den Hang hinunter, zwischen der Hedelfinger Filderauffahrt und dem Stadtteil Rohracker. Ob es dieselben Waldfrevler waren wie in Heumaden, steht derzeit nicht sicher fest. Die Polizei hat bisher keine brauchbaren Hinweise auf mögliche Täter oder Hintergründe bekommen.
Neben der Frage, warum jemand einen solchen Aufwand betreibt, um das Holz dann liegen zu lassen, drängt sich allerdings noch eine weitere auf. Warum hat niemand, nur wenige Meter vom Ortsrand entfernt und an einer beliebten Spazier- und Hundeausführstrecke, die illegalen Fällungen bemerkt? Seither wurde davon ausgegangen, dass eine Spaziergängerin am 30. März die Schäden gesehen und anschließend Polizei und städtisches Forstamt informiert hat. Das allerdings stimmt so nicht ganz.
Polizei hatte keine Streife frei
Denn bereits vier Tage früher waren dieser Anwohnerin seltsame Geräusche aus dem nahen Wald aufgefallen – ein lautes Krachen abends gegen 19.15 Uhr. Sie rief daraufhin beim Polizeirevier in Möhringen an und schilderte die merkwürdigen Vorgänge. Allerdings konnte keine Streife kommen, um die Täter womöglich auf frischer Tat zu ertappen – es war schlicht keine frei an diesem Samstagabend. Ein Zeitpunkt, an dem normalerweise viel los ist.
»Wir hatten keine Kapazität«, bestätigt Polizeisprecherin Bonn. Wenn es um Leib und Leben gehe, hole man selbstverständlich Unterstützung aus anderen Revieren. Das schien in diesem dubiosen Fall aber nicht nötig, zumal nicht klar war, was überhaupt passiert ist. Man habe den Fall an die nächste Schicht weitergegeben, es sei dann aber dunkel geworden, und man habe keinen Sinn darin gesehen, bei Nacht durch den Wald zu gehen.
Auch die Anwohnerin wurde sich erst danach über das ganze Ausmaß klar – und informierte daraufhin nochmals Polizei und Stadt. »Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt wurde am 28. März von einer Anwohnerin über die Situation vor Ort in Kenntnis gesetzt und reagierte unmittelbar mit der Vereinbarung eines Vor-Ort-Termins«, sagt Stadtsprecher Martin Thronberens. Auch die Polizei war dann zugegen, um sich die Schäden zu besehen.
Was mit den illegal gefällten Bäumen passieren soll, ist offen. Sie liegen noch immer an Ort und Stelle, sind inzwischen mit Farbe markiert. Eine Verwertung ist nicht so einfach, wie man vielleicht meinen könnte. »Aktuell ist noch nicht geklärt, wie lange die Bäume vor Ort liegen bleiben und ob sie als Brennholz verkauft werden«, sagt Thronberens. »Durch die laienhafte Durchführung der Fällungen können die wenigen größeren Bäume nicht als Bauholz verkauft werden«, so der Sprecher.
Ob die Täter angesichts gestiegener Holzpreise die Stämme selbst verwerten wollten? Das erscheint denkbar, aber eher unwahrscheinlich. Denn dafür hätten sie die Bäume erst einmal aus dem Wald bekommen müssen. Und mit vielen der kleineren Exemplare, darunter einigen Kirschen, könnte man wohl ohnehin nicht viel anfangen. Man habe keine Hinweise auf mögliche Hintergründe, heißt es auch bei der Stadt.
Dort betont man, willkürliches Fällen im Wald komme äußerst selten vor. Allerdings gibt es in der Stuttgarter Region immer mal wieder ähnliche Vorfälle. So gab es im Herbst 2020 eine Serie im Heimerdinger Wald im Landkreis Ludwigsburg. Auch dort hatten Unbekannte immer wieder Bäume unerlaubt abgesägt, das Holz aber nicht mitgenommen. Die Taten blieben ungeklärt.
Eine Gefahr für Waldbesucher geht von den illegalen Fällungen derzeit nicht aus. Die Polizei schickt jetzt regelmäßig Streifen in das Gebiet – in der Hoffnung, die Täter vielleicht doch noch zu erwischen. Eine gute Chance dazu hätte es wohl Ende März bereits gegeben. (GEA)