STUTTGART. Im Streit um die Online-Plattform für Hinweise auf Steuerbetrug könnte das scharf angegangene Finanzministerium seine Kritiker auch ans Landeskriminalamt (LKA) verweisen. Denn die oberste Polizeibehörde des Landes führt ein ähnliches Portal - und hat bislang gute Erfahrungen gemacht.
Die Anzahl von falschen Verdächtigungen ist nach Angaben eines LKA-Sprechers bislang relativ gering. »In den letzten fünf Jahren ging insgesamt eine einstellige Anzahl an Meldungen von Hinweisgebern ein, welche nach Prüfung und Bewertung als «von falschen Anschuldigungen motiviert» einzustufen sind.« Diese Bewertung sei bei Meldungseingang zunächst kaum möglich, sie kristallisiere sich meist erst später heraus.
Das LKA hat sein Instrument im September 2012 zunächst für die Bereiche Korruption und Wirtschaftskriminalität eingeführt. In der Folge wurde das System auch für Hinweise aus den Bereichen Rechtsextremismus, islamistischer Extremismus und Terrorismus, Linksextremismus und Antisemitismus erweitert. Und die Zahl der Hinweise auf mögliche Straftaten steigt stetig. Wurden im Jahr 2013 190 Meldungen verzeichnet, so waren es 2020 schon 551 Tipps, wie ein Sprecher in Stuttgart mitteilte.
Im selben Jahr war etwa jeder vierte (insgesamt 131) Hinweis nicht geeignet. Es habe beispielsweise die strafrechtliche Relevanz gefehlt, wie der Sprecher weiter berichtete.
Ein entsprechendes System wird auch in Niedersachsen und Hamburg eingesetzt. Es wird rund um die Uhr betreut, hieß es. Sofern bei dem Meldesystem ein Postfach eingerichtet worden sei, werde innerhalb von 24 Stunden eine Eingangsbestätigung übersandt. Mithilfe des Postfachs könne auch anonym kommuniziert werden.
Landesfinanzminister Danyal Bayaz muss seit mehreren Tagen scharfe Kritik wegen des neuen und bundesweit ersten Meldeportals für Hinweise auf Steuerbetrug einstecken. Der Grünen-Politiker verweist darauf, dass es ähnliche Projekte auch in anderen Bundesländern gibt, nur eben nicht online. CDU und FDP, aber auch Politiker aus AfD und SPD kritisieren hingegen, das Portal verleite zum Anschwärzen und stelle vor allem Hausbesitzer und Handwerker unter Generalverdacht. Die Steuerberaterkammer warnt vor »jeder Menge irrelevanter Meldungen«.
Das ist allerdings bereits heute der Fall: Nach Angaben des baden-württembergischen Finanzministeriums sind im vergangenen Jahr von 1619 Anzeigen nur 2,9 Prozent relevant gewesen für die Steuerfahndung. (dpa)