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Vor Flüchtlingsgipfel: Grenzkontrollen und mehr Geld

Es dürften zähe Gespräche werden, wenn Bund und Länder am Mittwoch über die Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung verhandeln. Ministerpräsident Kretschmann macht wenig Hoffnungen auf Kompromisse - und auch sein Koalitionspartner stellt Forderungen.

Deutsche Grenze
Ein Grenzstein in schwarz-rot-gold und ein Schild »Bundesrepublik Deutschland«. Foto: Robert Michael
Ein Grenzstein in schwarz-rot-gold und ein Schild »Bundesrepublik Deutschland«.
Foto: Robert Michael

Vor dem Gipfel zur Flüchtlingsfinanzierung sind die Fronten zwischen Bund und Ländern verhärtet. Ministerpräsident Winfried Kretschmann will die Forderungen der Länder nach mehr finanzieller Unterstützung des Bundes durchsetzen. »Wir werden hart bleiben«, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. »Wir werden nichts zustimmen, was nicht durchfinanziert ist.« Die Verhandlungen dürften nicht einfach werden, sagte Kretschmann.

Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten treffen sich am Mittwoch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin zu einem Sondergipfel, bei dem über die Verteilung der Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen gesprochen werden soll.

Kretschmann erneuerte die Forderung der Länder nach mehr finanzieller Beteiligung des Bundes. »Wir brauchen eine faire Verteilung zwischen den staatlichen Ebenen«, sagte er. Besonders wichtig sei die Frage nach der Finanzierung der Unterbringung. Er wolle bei diesem Thema als Anwalt der Kommunen auftreten. »Die Kommunen sind eh schon in einer schwierigen Situation«, sagte Kretschmann.

Der Wohnungsmarkt sei sehr eng, in Ballungsgebieten herrsche enormer Bedarf an Wohnraum. Deswegen müssten auch immer wieder Sporthallen mit Flüchtlingen belegt werden. »Das schafft großen Unmut und mindert die Akzeptanz den Flüchtlingen gegenüber«, sagte Kretschmann. Zudem werde alles teurer. »Die Kommunen werden da riesige Schwierigkeiten bekommen, erst recht nach dem Tarifabschluss.«

Innenminister Thomas Strobl und Migrationsministerin Marion Gentges (beide CDU) forderten im Vorfeld des Gipfels stationäre Grenzkontrollen zwischen Baden-Württemberg und der Schweiz. Es brauche »ein Bündel an rasch wirkenden Maßnahmen«, solange es keinen wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen gebe, sagte Strobl laut Mitteilung am Dienstag in Stuttgart. »Dazu gehört in der Letztinstanz ein wirksamer Grenzschutz an anderen Grenzen, etwa an der Grenze Deutschlands zur Schweiz«, so Strobl. Entsprechende Kontrollen gibt es bereits an der Grenze zwischen Österreich und Bayern.

Aus Sicht seiner Kabinettskollegin Gentges braucht es bei der Flüchtlingsaufnahme mehr Struktur und Ruhe. »Jede Maßnahme, die einen ordnenden Effekt hat, muss jetzt auf den Tisch«, sagte sie. Es brauche Gespräche über die Umsetzung von Maßnahmen zur Grenzsicherung. Nach Abgaben der beiden Ministerien wurden in den ersten drei Monaten des Jahres mehr als 2500 illegale Einreisen über die Grenze zur Schweiz festgestellt.

Klare Forderungen an den Bund hat auch die CDU-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg. Fraktionschef Manuel Hagel fordert in einem Positionspapier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, konsequentere Abschiebungen. »Problematisch ist bei Abschiebungen die Mitwirkung durch die Herkunftsstaaten«, heißt es darin. Die Herkunftsstaaten seien oft nicht kooperativ bei der Rücknahme oder der Identifizierung ihrer Staatsangehörigen. Hagel fordert deswegen vom Bund, die Maghreb-Staaten und Georgien als sichere Herkunftsländer einzustufen.

Hagel will zudem die Absenkung von Sozialleistungen für Flüchtlinge auf ein gemeinsames europäisches Niveau. Nur so könne verhindert werden, dass Flüchtlinge aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland kämen. Ein »deutscher Sonderweg« müsse verhindert werden.

Nach Angaben des Migrationsministeriums kamen im vergangenen Jahr rund 28.000 Asylsuchende nach Baden-Württemberg. Das waren deutlich mehr als in den Vorjahren. Im Jahr 2021 waren gut 14.000 Flüchtlinge nach Baden-Württemberg gekommen, im Jahr 2020 waren es knapp 7000 gewesen. In den ersten vier Monaten des Jahres 2023 kamen laut Ministerium rund 8700 Flüchtlinge nach Baden-Württemberg.

Im April kamen die meisten Flüchtlinge, die neu nach Baden-Württemberg kamen, aus Syrien (27 Prozent). Die zweitmeisten Asylbewerber kamen aus der Türkei (22 Prozent), gefolgt von Menschen aus Afghanistan (12 Prozent). Diese Verteilung ist laut Ministerium seit längerem stabil.

Hinzu kommen noch Geflüchtete aus der Ukraine. Diese müssen keinen Asylantrag stellen. Laut Ministerium flohen seit Ausbruch des Krieges im Februar 2022 rund 162.000 Menschen aus der Ukraine nach Baden-Württemberg.

© dpa-infocom, dpa:230509-99-623867/5