Der Prozess um sexuelle Nötigung gegen den ranghöchsten Polizisten des Landes wird am Dienstag (9.00 Uhr) vor dem Landgericht Stuttgart fortgesetzt. Dann werden weitere Aufnahmen aus einer Eckkneipe in Bad Cannstatt gezeigt, in der der Inspekteur der Polizei mit einer 34 Jahre alten Kriminalhauptkommissarin zusammensaß. In und vor allem vor der Kneipe soll es laut Anzeigenerstatterin zu der Nötigung gekommen sein, wegen der der 49-Jährige nun vor Gericht steht.
Der mittlerweile suspendierte Inspekteur der Polizei soll die Polizistin in der Nacht vom 12. auf den 13. November 2021 bei dem Kneipenbesuch sexuell genötigt haben. Der Fall schlug große Wellen in der Polizei und Politik - und ist auch Thema eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der seit Monaten läuft. In dem Ausschuss geht es auch um die Beförderungspraxis bei der Polizei und um die Weitergabe eines Schreibens des Anwalts des Inspekteurs durch Innenminister Thomas Strobl (CDU) an einen Journalisten.
Hat der ranghöchste Polizist seine Machtstellung missbraucht, um eine Untergebene zu sexuellen Gefälligkeiten zu drängen? Zum Prozessauftakt am Freitag holten die Anwälte des Inspekteurs zum Gegenschlag aus und warfen der Frau vor, bei Aussagen gelogen und immer wieder bewusst den Kontakt zu älteren Männern in gehobener Stellung gesucht zu haben, um sich Vorteile zu verschaffen. Der Inspekteur sei das eigentliche Opfer des Falles, so die Verteidigung.
Entscheidende Frage in dem Prozess ist: Von wem ging wie viel Initiative aus? Bereits am Freitag wurden Kameraaufnahmen aus der Kneipe gezeigt, auf denen man zwar sieht, dass der Inspekteur sich eher auf die Kommissarin beim Küssen zubewegt als andersherum - auf denen aber viele Szenen auch einvernehmlich wirken.
© dpa-infocom, dpa:230424-99-432612/2