STUTTGART. Die Vielzahl der Ersatzverkehre in und um Stuttgart sind eine Wissenschaft für sich. In den vergangenen Tagen ist am Stuttgarter Hauptbahnhof eine neue Stufe der Konfusion erreicht worden. Zusätzlich zu den S-Bahn-Ersatzbussen, welche die wegen Bauarbeiten zurzeit nicht bedienten Haltestellen in der Innenstadt anfahren, tauchten am vergangenen Wochenende plötzlich Schienenersatzbusse in Richtung Reutlingen und Tübingen auf. Auftraggeber war hier nicht die Deutsche Bahn, sondern das landeseigene Bahnunternehmen SWEG. Und das hat nicht nur bei den Fahrgästen, sondern auch bei den beteiligten Unternehmen für Verwirrung gesorgt.
Ein paar große gelbe Aufkleber zu diesen so genannten Interregio-Express-Ersatzlinien, die auf den Informationstafeln zu den S-Bahn-Ersatzbussen aufgeklebt wurden – das war erst einmal die gesamte Information für die Fahrgäste. Noch nicht einmal die für die S-Bahn-Ersatzbusse bereitstehenden Lotsen waren offenbar vorgewarnt. Entsprechend pikiert zeigte sich die Kommunikationsabteilung der S-Bahn-Stuttgart zu Wochenanfang in einem Tweet.
Tweet mit pikiertem Unterton
»Wir sind überrascht und irritiert!«, hieß es dort. Ohne Absprache sei auf Bestellung des Landesnahverkehrsgesellschaft und des landeseigenen Bahnunternehmens SWEG auf einmal ein weiterer Ersatzverkehr von den Haltestellen am Stuttgarter Hauptbahnhof gestartet: »Und diese Busse vermischen sich mit unseren. Achtet auf die Beschilderung unsere Busse, nicht dass ihr in Tübingen oder Reutlingen landet! Hätten wir Bescheid gewusst, hätten wir informiert!«
Die Lage sei für die Fahrgäste unübersichtlich gewesen, sagt ein S-Bahn-Sprecher. Denn die Direktbusse nach Tübingen und Reutlingen seien manchmal ganz vorne in der Reihe der wartenden Fahrzeuge gestanden: »Und oft steigen die Leute ja ganz einfach in den Bus ein, der ganz vorne steht.«
Wir sind überrascht und irritiert!
— S-Bahn Stuttgart (@SBahn_Stuttgart) August 7, 2023
Leider fährt @bwegtBW @SWEG_SBS auch einen Ersatzverkehr und diese Busse vermischen sich mit unseren. Achtet auf die Beschilderung unsere Busse,nicht das Ihr in Tübingen o. Reutlingen landet!
Hätten wir Bescheid gewusst, hätten wir informiert! pic.twitter.com/wf7G0StUnG
Gerüchte von verzweifelten Busfahrgästen, die statt in der Stuttgarter Stadtmitte auf einmal in Reutlingen gelandet seien, ließen sich allerdings nicht verifizieren.
Inzwischen ist klarer, was sich zwischen den Beteiligten von der S-Bahn-Stuttgart, der landeseigenen Bahngesellschaft SWEG, der Nahverkehrsgesellschaft des Landes, den Haltestellenbetreibern von der SSB sowie am Ende dem DB-eigenen Busunternehmen Regionalverkehr Alb-Bodensee GmbH (RAB) verheddert hat.
Bei der SWEG sieht man sich als der völlig falsche Adressat der Kritik. Man habe mit der RAB dieselbe Busgesellschaft mit dem Schienenersatzverkehr beauftragt wie die S-Bahn Stuttgart aufgrund der Stammstreckensperrung, sagt eine SWEG-Sprecherin: »Die RAB übernimmt auch die Kennzeichnung der Ersatzhaltestellen beziehungsweise die Fahrgastinformation vor Ort.« Beim Busunternehmen der Bahn wusste dann offenbar die rechte Hand nicht, was die linke tat.
Ersatzverkehr in Rekordzeit
Dennoch gibt es mildernde Umstände: Der Ersatzverkehr Richtung Tübingen und Reutlingen wurde nämlich in Rekordzeit binnen weniger Tage organisiert. Denn zusätzlich zu den Behinderungen durch die Baustelle gab es auf den Linien Richtung Tübingen auf einmal einen kurzfristigen, krankheitsbedingten Fahrermangel, sodass auch einige der verbliebenen Züge ausfielen.
Das Landesverkehrsministerium und seine Nahverkehrsgesellschaft reagierten schnell: Sie bestellten neben den länger geplanten Ersatzbussen zwischen Nürtingen und Tübingen zusätzliche Direktbusse nach Tübingen und Reutlingen. Und weil das alles schnell gehen musste, benutzte man erst einmal ganz pragmatisch die Informationstafeln an den bestehenden S-Bahn-Ersatzhaltestellen.
"Das entspricht aber nicht unserem Standard"", sagt der S-Bahn-Sprecher. Und beim Busbetreiber versäumte man es offenbar auch die unterschiedlichen Auftraggeber SWEG und S-Bahn darüber zu informieren, dass die unterschiedlichen Busse von denselben Haltestellen starten.
Doch nach gewissen wechselseitigen Irritationen ist nun alles sauber voneinander getrennt: Die Busse nach Tübingen bekommen deutliche Hinweise und ihre eigenen Infoständer. Und dass unterschiedliche Buslinien von denselben Haltestellen starten und man als Fahrgast darauf achten muss, in welchen Bus man steigt, ist im öffentlichen Nahverkehr dann auch ganz einfach Alltag. (GEA)