Am zweiten Tag seines Besuchs in Baden-Württemberg ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ohne größere Proteste empfangen worden. Im Umfeld eines Bürgerdialogs der SPD mit Scholz und Parteichefin Saskia Esken in Nagold protestierten nach Polizeiangaben rund 30 Landwirtinnen und Landwirte gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung. »Das verlief geordnet und störungsfrei«, sagte eine Polizeisprecherin. In der nahegelegenen Halle wurde der »liebe Olaf« von seinen Parteifreunden freundlich empfangen.
Bei den Fragen waren die rund 200 Bürgerinnen und Bürger, nicht alle auch Genossen des Kanzlers, dann teils deutlich kritischer. Ein Teilnehmer wollte von Scholz wissen, wie dieser in schwierigen Zeiten mit Krieg in der Ukraine und Inflation das Soziale stärken wolle.
Der betonte, der Sozialstaat dürfe nicht unter höheren Verteidigungsausgaben leiden. »Ich bin dagegen, dass das finanziert wird, indem wir bei der Rente kürzen oder die soziale Sicherung infrage stellen. Das wäre eine unangemessene Reaktion.« Der Sozialstaat werde darunter nicht leiden, versprach Scholz.
Höhe Verteidigungsausgaben seien aber nötig. Wegen des russischen Angriffskrieges könne man sich nicht mehr darauf verlassen, dass Grenzen in Europa nicht mehr mit Gewalt verschoben würden. »Wir wollen verhindern, dass es zu einem Krieg kommt und dafür müssen wir genügend Kraft haben, was unsere Verteidigung angeht«, sagte Scholz.
Eine junge Mutter bat den Kanzler doch mehr für den Klimaschutz zu tun. »Ohne ein gesundes Klima ist alles nichts«, sagte sie. Scholz betonte, die Klimaschutzziele könnten nur erreicht werden, wenn die Menschen diese auch mittragen. »Wenn wir sagen, alles muss innerhalb kürzester Zeit anders werden, gibt es viele Menschen, die sagen: Da komme ich nicht mehr mit«, sagte er.
Um die Klimaziele in Deutschland zu erreichen, müsse man vorankommen - »aber auf eine Art und Weise, wo alle mitgehen können und jeder denkt: Das schaffe ich auch«, sagte Scholz. Das habe die Debatte um das Heizungsgesetz gezeigt.
Klare Kante forderte Scholz hingegen gegenüber Rechtsextremen. Es gebe viele Gründe, warum Menschen die Partei wählten. »Der eine ist: Die Leute haben so rechtsextreme Ansichten, wie sie von der AfD vertreten werden. Dann sollte man nicht zu so jemandem hingehen und sagen: Ich verstehe dich und es ist ja auch sonst so schwer im Leben«, sagte der SPD-Politiker. In so einem Fall müssten die Menschen deutlich dagegenhalten. »Rechtsextreme Ansichten sind etwas, was wir in unserer Gesellschaft nicht haben wollen«, sagte Scholz.
Aus Sicht des Kanzlers sollten auch Berichte wie die über das Treffen radikaler Rechter in Potsdam ernst genommen werden. Dort seien Worte gefallen, die man aus der deutschen Geschichte kenne. »Und die fing auch immer so an, als ob das nicht dramatisch ist. Das ist ganz dramatisch, da stehen schlimme Vorstellungen dahinter«, sagte Scholz.
Nach dem Bürgerdialog fuhr Scholz weiter nach Calw, dort wurde der Kanzler beim Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr erwartet. Auf dem Programm standen Gespräche sowohl mit der Führung als auch mit Soldatinnen und Soldaten. Zudem war eine Besichtigung des Trainingszentrums geplant.
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