Logo
Aktuell INTERVIEW

Verbands-Chef zur Lage der Zeitungen im Land: »Wir finden kein Gehör«

Im Interview äußert sich GEA-Verleger Valdo Lehari jr., der Vorsitzende des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger, zur Situation in der Branche.

Valdo Lehari jr., GEA-Geschäftsführer und Vorsitzender des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger.  FOTO: DPA
Valdo Lehari jr., GEA-Geschäftsführer und Vorsitzender des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger. Foto: dpa
Valdo Lehari jr., GEA-Geschäftsführer und Vorsitzender des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger.
Foto: dpa

STUTTGART/ETTLINGEN. Die Zeitungsverlage im Südwesten fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. »Es findet keine richtige Medienpolitik statt«, beklagt der Vorsitzende des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV), Valdo Lehari jr. Im Interview äußert er auch klare Erwartungen an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Der Verband traf sich zu seiner Jahrestagung in Ettlingen bei Karlsruhe.  

GEA: Wie geht es den Südwest-Zeitungsverlagen aktuell im Wandel hin zu digitalen Medienhäusern? 

Valdo Lehari jr.: Die Branche hat sich noch immer nicht erholt von den Corona-Jahren. Dazu kam die dramatische Kostenentwicklung bei Papier und Zustellung. Die Verlage sind tapfer im Bewältigen dieser Herausforderungen und im intensiven Bemühen um mehr Kooperation und Synergie. Manche sagen aber: Wir wollen nicht mehr weitermachen. Zugleich steigt die Entwicklung digitaler Abos zweistellig. Das ist erfreulich. 

GEA: Welche Rolle spielt bei diesem Umbau Künstliche Intelligenz (KI)? 

Lehari: Für kleine und mittlere Verlage ist KI eine größere Herausforderung, da man Spezialisten braucht, die das auch beherrschen. Die großen Medienhäuser tun sich damit im Transformationsprozess zwangsläufig leichter, und damit sind sie auch stärker mit KI beschäftigt. Wir stehen auf dem Standpunkt: KI kann man nicht verhindern, das ist ein Thema aktiver Gestaltung. Zugleich muss der rechtliche Rahmen klar sein in der EU und in Deutschland. Nur als Beispiel das Urheberrecht: Wem gehört der Artikel, wenn KI verwendet wurde? Das Entscheidende ist, dass der Absender ein Mensch sein muss, ein ausgebildeter Redakteur. Dann haften wir für die Inhalte und stehen auch dafür. Wir beschäftigen uns gerade mit einer Art »Absender- oder Vertrauens-Siegel«: Das sind Inhalte, die kommen von unseren Redakteuren. Das ist menschengemacht und von Menschen verantwortet. 

GEA: Was fordern Sie von der Politik in dieser Situation? 

Lehari: Es ist eigentlich schon fünf nach zwölf, dass die Politik auf Landes-, Bundes- und Europaebene die Medienpolitik ernst nimmt. Es findet keine richtige Medienpolitik statt. Vor Jahren schon hat man gewarnt vor digitalen Plattformen und deren Auswirkungen. Man hat das alles nicht ernst genommen. Und jetzt dominieren die Plattformen die Landschaft, und die Politik schaut zu. Es ist bald zum Schreien, dass wir kein Gehör mehr finden. So kann es auf gar keinen Fall weitergehen. 

GEA: Was erwarten Sie sich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk – besonders beim Streit um die Presseähnlichkeit? Im Kern geht es dabei um die Frage, ob Öffentlich-Rechtliche online zu textlastig sind und so zu sehr Zeitungsinhalten ähneln – was per Staatsvertrag untersagt ist. 

Lehari: Es ist eine eher unrealistische Erwartung, aber man gibt ja die Hoffnung nicht auf: Dass die ARD die Kraft entwickelt, eine unter den Sendern einheitliche Definition der Presseähnlichkeit zu erzielen. Dann müssten nicht juristische Verfahren als Ersatzgesetzgeber wirken. Die Weiterentwicklung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk müsste dort ihre Grenze finden, wo die duale Rundfunkordnung mit dem privaten Fernsehen und Hörfunk und die publizistische Gewaltenteilung mit den Tageszeitungen in Schwierigkeiten kommen könnte. (dpa)