LEIPZIG. Die Luft in deutschen Innenstädten ist nach bisherigen Daten zuletzt besser geworden - auch dank Tempolimits, abgasärmerer Busse oder sauberer Fahrzeuge. So hat die Diskussion um Fahrverbote für bestimmte Fahrzeuge inzwischen etwas an Brisanz verloren. Trotzdem streiten betroffene Kommunen noch immer vehement vor Gerichten. Das Bundesverwaltungsgericht will am Freitag Urteile zu möglichen Diesel-Fahrverboten in Kiel, Hamburg und Ludwigsburg verkünden.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatten auf eine entsprechende Änderung in den Luftreinhalteplänen der drei Städte geklagt. »Wir kämpfen seit 16 Jahren gegen gesundheitsschädliche Abgase in den Innenstädten und sind erstmal zufrieden, was wir erreicht haben«, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, am Rande der Verhandlung in Leipzig. Es sei aber wichtig, weiter für eine Verlagerung des innerstädtischen Verkehrs zu streiten.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Februar 2018 den Weg für Fahrverbote bestimmter Fahrzeuge in Deutschland frei gemacht. Diese seien grundsätzlich zulässig, müssten aber verhältnismäßig sein. In Stuttgart gilt für ältere Diesel ein Fahrverbot im gesamten Stadtgebiet, in Darmstadt, Hamburg und Berlin ist die Durchfahrt einzelner Straßen nicht gestattet.
Viele andere Kommunen haben ihre Anstrengungen deutlich erhöht, um Fahrverbote noch zu vermeiden: Klimafreundlichere Busse werden eingesetzt, Radwegenetze ausgebaut, Parkgebühren in den Innenstädten erhöht oder Filteranlagen aufgestellt.
Auch Kiel, Hamburg und Ludwigsburg haben Maßnahmen ergriffen. Dennoch wurde an einigen Messstationen der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten. Den Gerichten in den ersten Instanzen reichten die Maßnahmen nicht aus, und sie zweifelten auch die Prognosen der Städte an. Durch zusätzliche Diesel-Verkehrsverbote könnten die Grenzwertüberschreitungen schneller abgebaut werden, hieß es jeweils. Die Gerichte hatten jedoch die Revision in Leipzig zugelassen.
»Eigentlich haben wir das gleiche Ziel wie die Umweltverbände und wollen die Luft in den Innenstädten verbessern«, hatte Michael Ilk, Bürgermeister für Mobilität in Ludwigsburg, am Rande der Verhandlung in Leipzig gesagt. Er sei aber zuversichtlich, dass in Ludwigsburg auch ohne ein Diesel-Fahrverbot die zulässigen Grenzwerte für Stickstoffdioxid zeitnah erreicht werden.
Optimistisch sind die beklagten Städte vor allen wegen einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Februar 2020. Der auch nun wieder zuständige 7. Senat hatte der Stadt Reutlingen zwar auferlegt, ihren Luftreinhalteplan zu überarbeiten. Dabei müssten aber nicht zwingend Fahrverbote vorgesehen werden. Wenn eine Einhaltung des Grenzwerts mit anderen Mitteln in Kürze absehbar sei, könnten Verkehrsverbote unverhältnismäßig sein, hieß es.
Nach einem im Februar vorgelegten Zwischenbefund des Umweltbundesamtes (UBA) zur Luftreinheit wurden im Pandemiejahr 2020 weniger Stickoxide und weniger Feinstaub festgestellt - und das nicht nur wegen Corona. Nach den vorläufigen Daten der Länder und des UBA war die Belastung mit gesundheitsschädlichem Stickstoffdioxid in deutschen Städten im vergangenen Jahr so gering wie noch nie seit Beginn der Messungen. Haupttreiber des Rückgangs seien sauberere Fahrzeuge, mehr Tempo-30-Zonen und der Einsatz schafstoffärmerer Busse gewesen. Auch Software-Updates und neue Modelle mit weniger Schadstoffausstoß schlagen den Angaben zufolge zu Buche. Auch die Feinstaubbelastung ging 2020 auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Messungen Ende der 1990er Jahre zurück. (dpa)