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Urteil nach Scheitern von Söldner-Plänen

War das jetzt kaltblütig und geschäftstüchtig? Oder schlicht naiv? Mit eigenen Söldnern wollen zwei Ex-Soldaten den Bürgerkrieg im Jemen entscheiden. Erfolglos, sie landen vor Gericht und werden verurteilt. Was trieb sie dazu? Und warum wird der Krieg zunehmend zum Geschäft?

Prozess um geplante Söldnertruppe im Jemen
Zwei Angeklagte (l) stehen bei Prozessbeginn in einem Gerichtssaal des Oberlandesgerichts. Foto: Christoph Schmidt
Zwei Angeklagte (l) stehen bei Prozessbeginn in einem Gerichtssaal des Oberlandesgerichts.
Foto: Christoph Schmidt

Die für ihre Brutalität gefürchtete Gruppe »Wagner« soll als russische Schattenarmee nicht nur in Mali, Libyen, dem Sudan und Syrien mitmischen. Auch in der Ukraine haben die Söldner, die nicht Teil der regulären russischen Streitkräfte sind, nach eigenen Angaben einen Einfluss. Ausländische Söldner und sogenannte Sicherheitsdienste teilen sich als Geschäftemacher einen milliardenschweren Weltmarkt auf. Ausgerechnet die beiden freundlich wirkenden älteren Herren auf der Anklagebank im streng gesicherten Stuttgarter Prozesssaal sollen auf einen Teil dieses Kuchens gehofft haben - erfolglos. Und mit Folgen.

Denn für ihren gescheiterten Versuch, mit einer eigenen Söldnertruppe den seit Jahren tobenden Bürgerkrieg im Jemen beeinflussen zu können, sind die beiden Ex-Soldaten am Montag zu Bewährungsstrafen von 14 und 18 Monaten verurteilt worden. Mit einer bis zu 150 Mann starken Gruppe aus früheren oder auch noch aktiven Soldaten hatten die 53 und 61 Jahre alten langjährigen Freunde gehofft, den Frieden in dem zerrissenen afrikanischen Land erzwingen zu können. Die Kriegspartei Saudi-Arabien sollte die Truppe bezahlen - und wenn es gut gelaufen wäre, hätte das Ganze zum lukrativen Geschäftsmodell für andere Staaten werden können.

Aber der Plan ging nicht auf. Beim Fußball würde man sogar von einer deftigen Klatsche sprechen: Die beiden Männer seien »auf ganzer Linie erfolglos geblieben«, bilanzierte der Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenats. Keine Kontakte nach Saudi-Arabien, keine Zusagen für die eigenen Pläne. »Die Angeklagten haben überhaupt nichts erreicht.« Das Ergebnis sei »letztlich Null« gewesen. Dennoch hätten sich die Männer der versuchten Gründung einer terroristischen Vereinigung schuldig gemacht. Außerdem hätten sie vorab den Tod unbeteiligter Menschen in Kauf genommen, wie aus Chatverläufen und Zeugenaussagen hervorgegangen sei.

Die Bundesanwaltschaft stellte das Urteil als gewichtig heraus. Das Gericht habe deutlich gemacht, dass sich Deutsche strafbar machten, wenn sie sich an militärischen Kämpfen im Ausland beteiligten, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft nach der Entscheidung.

Nicht nur die blanke Hoffnung aufs Kasse machen und auf Monatslöhne bis zu 40.000 Euro hatte die Pläne des Duos vorangetrieben. Aus Sicht des Gerichts hat es gleich ein ganzes »Motivbündel« gegeben. »Die Angeklagten ließen sich hierbei auch von christlich-fundamentalistisch gefärbten Vorstellungen sowie von Wahrsagungen einer türkischen Seherin beeinflussen«, erklärte das Gericht. Auch ein gewisses Sendungsbewusstsein und Abenteuerlust hätten sie beeinflusst.

Die beiden vor vielen Jahren aus der Bundeswehr ausgeschiedenen Männer waren vor zwei Jahren im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und in München festgenommen worden, die Vorwürfe haben sie umfassend eingeräumt. Das Urteil ist rechtskräftig, weil sowohl Bundesanwaltschaft als auch Verteidigung auf eine Revision verzichten.

Der Prozess hat über Monate auch ein Licht geworfen auf die undurchsichtige Rolle ausländischer Söldner und sogenannter Sicherheitsdienste. Für sie wird ein Krieg zunehmend zum Geschäft, weil immer mehr Länder auf die private Hilfe von außen setzen. Staaten umgingen mit dem Einsatz von Söldnerfirmen oft Sanktionen, erklärt Andreas Heinemann-Grüder vom Bonner International Centre for Conversion, kurz BICC. Als Auftraggeber könnten sie sich so am Ende »politisch immer distanzieren« von möglicherweise schmutzigen Operationen. Außerdem seien Söldner flexibler einsetzbar als reguläres Militär.

Jemen ist eines der ärmsten Länder der Welt. Es wird seit Jahren von einem bewaffneten Konflikt zerrissen. Saudi-Arabien kämpft seit 2015 mit den VAE auf der Seite der international anerkannten Regierung gegen die aufständischen Huthis. Diese hatten 2014 weite Teile des Jemen überrannt, darunter die Hauptstadt Sanaa.

Mitteilung

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