ULM. Die hohe Zahl an Covid-Toten und der veränderte Umgang mit ihnen ist für Bestatter in Baden-Württemberg eine Herausforderung. Man erfahre seit Beginn der Pandemie wöchentlich von schlimmen menschlichen Schicksalen, sagte Ralf Homburger von der Landesinnung des Bestattungsgewerbes. Dabei bildeten die reinen Zahlen die persönliche Anspannung nicht ab, ergänzte der stellvertretende Landesinnungsmeister.
So könnten sich etwa Angehörige sehr oft von einem geliebten Menschen nicht richtig verabschieden. Oder eine Bestattungsfeier könne erst verspätet stattfinden, weil ganze Familien erkrankt seien. »Alle Umstände die damit verbunden sind, gehen an uns als Bestatter selbstverständlich nicht vorbei.«
Eine weitere Herausforderung ist laut Christian Streidt der zusätzliche Aufwand für den Schutz vor Ansteckung. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Bestatter betreibt ein Bestattungsinstitut in Ulm. Bereits wenn ein Verstorbener mit Verdacht auf eine vorausgegangene Corona-Infektion abgeholt werden müsse, kleiden sich Streidt und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter komplett in spezielle Schutzkleidung samt Atemmaske. Die Gefahr bestehe darin, mit Körperflüssigkeiten in Kontakt zu kommen oder wenn beim Bewegen der Verstorbenen noch Luft aus der Lunge entweiche, erklärte Streidt.
Doch auch ihn beschäftigt, wie sich der Umgang mit Verstorbenen verändert hat. Das Gesetz schreibe vor, Covid-Tote umgehend in einen »Bodybag«, einen speziellen Leichensack, zu betten. Dieser dürfe danach nicht mehr geöffnet werden. Abschied zu nehmen, sei so für Angehörige schwer. Erst bei der in Baden-Württemberg vorgeschriebenen zweiten Leichenschau vor einer Feuerbestattung darf der »Bodybag« noch einmal aufgemacht werden. Mit der zweiten Leichenschau soll vor einer Einäscherung erneut der Verdacht auf einen nicht natürlichen Tod ausgeschlossen werden.
Auch die zeitweise hohe Zahl an Covid-Toten innerhalb kurzer Zeit forderte den Bestatter heraus. Im November habe es über mehrere Wochen deutlich mehr Verstorbene gegeben, berichtete Streidt. Der Großteil davon seien Covid-Tote gewesen, so dass er und seine Mitarbeiter zahlreiche Überstunden hätten machen müssen, um dem gerecht zu werden. Beim Blick auf Feuerbestattungen helfe es, dass sich etwa die Krematorien im Südwesten aushelfen und er auch auf andere Standorte wie etwa Memmingen oder Kempten ausweichen könne.
Die Krematorien im Südwesten konnten die Einäscherungen trotz der zeitweise hohen Zahl an Covid-Toten bislang gut bewältigen. Doch etwa das Krematorium in Ulm war zeitweise voll ausgelastet, wie Heike Straub-Gollinger, Leiterin des Friedhofs- und Bestattungswesens, mitteilte. Ein Engpass drohte demnach aber nicht. In Stuttgart war das Krematorium laut Stadt in diesem Herbst zu etwa zwei Dritteln ausgelastet. Auch in Mannheim stieg die Zahl der Covid-Verstorbenen nach den Sommermonaten wieder an, wie ein Sprecher sagte. Die Kapazitäten des Krematoriums wurden aber nicht ausgereizt. (dpa)