Logo
Aktuell Land

Therapie für suchtkranke Straftäter: Fauler Pelz am Start

Nach erbittertem Streit zwischen Land und Stadt ziehen im August die ersten Patienten in den Ex-Knast Fauler Pelz in Heidelberg ein. Damit setzt sich das Land im Konflikt mit der Stadt durch. Das Personal bereitet sich schon auf die Arbeit mit suchtkranken Straftätern vor.

Ehemaliges Gefängnis »Fauler Pelz«
Durch ein Fenstergitter in einem Gebäude des ehemaligen Gefängnisses »Fauler Pelz« ist ein Innenhof zu sehen. Foto: Uwe Anspach/DPA
Durch ein Fenstergitter in einem Gebäude des ehemaligen Gefängnisses »Fauler Pelz« ist ein Innenhof zu sehen.
Foto: Uwe Anspach/DPA

Seit Jahren haben sich die Stadt Heidelberg und das Land um die Nutzung des Ex-Gefängnisses Fauler Pelz gestritten - jetzt eröffnet dort in bester Altstadtlage eine Entziehungsanstalt für suchtkranke Straftäter. In diesem Monat nehmen nach Angaben des Sozialministeriums Ärzte und Pfleger ihre Arbeit auf. Von Anfang August an sollen bis zu 80 Straftäter mit Alkoholproblemen dort untergebracht werden.

Die Suche nach Personal sei gut angelaufen, in einigen Bereichen sogar leichter als an anderen Standorten, hieß es aus dem Ministerium. Grund: die urbane Lage der Einrichtung und die Bedeutung der Stadt als Universitäts- und Ausbildungsstandort für eine Vielzahl von Gesundheitsberufen.

Damit wird dem Wunsch des Sozialministeriums nach mehr Platz für den sogenannten Maßregelvollzug entsprochen, in dem suchtkranke und psychisch erkrankte Straftäter therapiert werden. Gemeinderat und Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) hatten das landeseigene Gebäude für die ebenfalls unter Platzmangel leidende Universität reklamiert.

Die Stadt hatte dem Ministerium nicht geglaubt, dass es angesichts von elf Millionen Euro für die Sanierung des Komplexes aus dem Jahr 1848 nur um eine temporäre Verwendung gehe. Das Land sicherte daraufhin schriftlich zu, die Patienten aus dem Faulen Pelz bis zum 1. Juli 2025 in die im Bau befindliche Anstalt in Schwäbisch Hall zu verlegen.

Die Einigung kommt vor allem Sozialminister Manne Lucha (Grüne) zugute. Die oppositionelle FDP im Landtag wirft ihm Missmanagement vor. Er habe sich zu wenig um die absehbaren Engpässe gekümmert und damit zur vorzeitigen Freilassung von Straftätern beigetragen, betonte FDP-Gesundheitsexperte Jochen Haußmann. Wenn diese zu lange auf einen gerichtlich zugewiesenen Platz im Maßregelvollzug warten, müssen sie vorzeitig entlassen werden. Lucha sei von der Entwicklung im Maßregelvollzug überrollt worden, so Haußmann. Im Jahr 2021 seien 32, im vergangenen Jahr 30 und in diesem Jahr schon 7 sucht- oder psychisch kranke Täter auf freien Fuß gesetzt worden.

Die sieben Zentren für Psychiatrie, wo die Therapien stattfinden, sind voll. Im September 2022 waren etwa 1400 Menschen im Maßregelvollzug - ein Drittel mehr als 2017. Durch Neubauten an den Standorten Calw und Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) werden erst Ende 2023 oder Anfang 2024 rund 100 neue Therapieplätze geschaffen.

Infos über Maßregelvollzug

© dpa-infocom, dpa:230701-99-250309/2