Es klingelt an der Tür, eine Frau, die gerade mit einer Freundin telefoniert, öffnet arglos und wird von einem ihr Unbekannten angefallen, vergewaltigt und mit bloßen Händen erstickt. Dies ist keine Szene aus einem Horrorfilm, sondern ein Verbrechen, das im Oktober vergangenen Jahres in Mannheim Angst und Schrecken verbreitete. Deswegen und aufgrund anderer Delikte muss sich ein an paranoider Schizophrenie leidender 32-Jähriger vor dem Landgericht Mannheim verantworten.
Obwohl die Freundin über das nur zur Seite gelegte Telefon den Notfall bemerkt und sofort Alarm schlägt, findet die Polizei nur noch die Leiche der Mutter einer zwölf Jahre alten Tochter. Der mutmaßliche Täter entschloss sich laut Staatsanwaltschaft, sein Opfer zu töten, damit dessen Hilfeschreie keine Aufmerksamkeit erregen konnten. Er muss sehr kurz vor dem Eintreffen der Beamten geflüchtet sein.
Die 41-Jährige, die in der Küche eines Restaurants arbeitete, hinterlässt auch einen Mann. Die Hinterbliebenen sind zu ihrer Familie in Rumänien gezogen.
Zum Auftakt des auf sieben Tage veranschlagten Prozesses wurde auf Antrag der Verteidigung des obdachlosen Mannes die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Zu Begründung hieß es, der Prozess berühre die Intimsphäre des Mannes. Der 32-Jährige steht unter Verdacht des Mordes nach einer Vergewaltigung sowie des Raubes und der Körperverletzung in zwei Fällen.
Kurz vor der Mannheimer Tat soll der Mann mit dunklen Haaren und grauem Sweat-Shirt eine 29-Jährige vom Hauptbahnhof Heidelberg in der Straßenbahn und zu Fuß bis zu deren Wohnung verfolgt haben. Dort soll er sie gepackt und ihr wiederholt mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben.
Die Frau versuchte laut Staatsanwaltschaft zu fliehen, wurde aber wieder von ihrem Peiniger eingeholt. Sie fiel aufs Gesicht und brach sich das Sprunggelenk. Außerdem gehören zu den Folgen des Überfalls ein abgerissener Nasenflügel, eine Mittelgesichtsprellung und mehrere Hämatome. Auf die Frage, wie es dem Gewaltopfer aus Heidelberg gehe, sagte die Rechtsanwältin der Nebenklägerin: »Sie ist sehr betroffen.«
Nachdem der mutmaßliche Täter Bargeld, ein Tablet und ein Smartphone aus ihrem Rucksack entwendet hatte, floh er nach Mannheim. Dort nahm er - wohl von Stimmen getrieben - Zuflucht in einem Mehrfamilienhaus, wie es von der Staatsanwaltschaft heißt. Auf der Suche nach der Quelle der Stimmen ging er demnach am nächsten Morgen durch das Treppenhaus - und klingelte an der Tür der telefonierenden 41-Jährigen.
Auch im nordrhein-westfälischen Krefeld soll der Beschuldigte - einen Tag nah dem gewaltsamen Tod der Mannheimerin - eine Frau überfallen und schwer verletzt haben. Er wurde im November 2021 in Duisburg festgenommen (Az:1 Ks 400 Js 30170/21).
Der in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte Mann soll die Straftaten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen haben. Das Landgericht wird in dem sogenannten selbstständigen Sicherungsverfahren entscheiden, ob er in einer Klinik für Psychiatrie bleibt.
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