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Stuttgarter Sportklinik fürchtet Zerschlagung

Der medizinische Vorstand stellt sein Zukunftskonzept vor. Die Belegschaft zeigt sich besorgt.

Seit vielen Jahren läuft die Debatte über die Zukunft der Sportklinik.  FOTO: FACTUM/WEISE
Seit vielen Jahren läuft die Debatte über die Zukunft der Sportklinik. FOTO: FACTUM/WEISE
Seit vielen Jahren läuft die Debatte über die Zukunft der Sportklinik. FOTO: FACTUM/WEISE

STUTTGART. Das Ringen um die Zukunft der Sportklinik Stuttgart geht in eine entscheidende Phase. Dass das städtische Klinikum, das bisher 49 Prozent an der Gesellschaft hält, sein Vorkaufsrecht wahrnimmt für den Mehrheitsanteil, den die Württembergischen Sporthilfe veräußern will, das hat der Rat vor geraumer Zeit beschlossen. Der zwischen den Gesellschaftern strittige Kaufpreis wird derzeit von einer Schiedsstelle ermittelt. Mittlerweile hat Jan Steffen Jürgensen, der Medizinische Vorstand des Klinikums, in einer Betriebsversammlung nun das für Ende des ersten Quartals angekündigte Zukunftskonzept für die Sportklinik vorgestellt. Die Belegschaft reagierte darauf mit vehementer Ablehnung.

Jan Steffen Jürgensen betonte auf Nachfrage, es handle sich bei dem Konzept um einen »Entwurf«, um »Leitplanken« für das weitere Vorgehen. Der Plan sieht vor, dass die Sportklinik, die sich derzeit in einem eigenen Gebäude unweit des Kursaals befindet, einen Bereich im städtischen Krankenhaus in Bad Cannstatt erhält, mit eigenem Eingang, Wartebereich, eigenen Sprechstunden, um so »die Marke« Sportklinik zu erhalten. Zur »Sichtbarkeit« der Sportklinik am Standort könnten auch Bauten »möglicherweise neu errichtet werden«, so Jürgensen. Dort sollen nach seinen Vorstellungen die ambulanten Operationen gemacht werden, dazu gäbe es eine Tagesstation. OP-Säle und Geräte würden mit den anderen Disziplinen genutzt.

Nicht nur Spitzensport

Größere und komplexere operative Eingriffe aber sollten künftig im Umfeld der Unfallchirurgie und Orthopädie im Katharinenhospital am Standort Mitte erfolgen, findet Jan Steffen Jürgensen. Hier könnte die Sportklinik zum Beispiel »zwei Stationen« erhalten. Hierin sieht der Klinikchef medizinische Vorteile.

In der Führung und in der Belegschaft der Sportklinik wird das Konzept heftig kritisiert, schon weil es nach Monaten noch immer unkonkret sei, ohne Zeitplan, nicht schriftlich vorliege. In der Versammlung war vom Zerschlagen, Zerstückeln, Ausbluten der Sportklinik die Rede.

Die Ärzte der Sportklinik betreuen neben dem VfB Stuttgart auch zwei Handball- und Basketball-Bundesligisten, den Olympiastützpunkt, das Nationalmannschaftszentrum der Rhythmischen Sportgymnastik, um nur einige zu nennen. Aber man kümmere sich nicht nur um den Spitzensport, heißt es aus dem vierköpfigen Chefärzteteam mit Ulrich Becker, Frieder Mauch, Andreas Veihelmann und VfB-Mannschaftsarzt Raymond Best. Schließlich behandle man pro Jahr »6 000 stationäre und rund 35 000 ambulante Patienten«. Man sei »mit positiven Ergebnissen« durch die Corona-Pandemie gekommen, erklärt Geschäftsführer Matthias Buchthal. Im ersten Quartal des Jahres liege man »um 13 Prozent über dem Wirtschaftsplan«, so Buchthal.

Sollten die Pläne realisiert werden, davon sind die Chefärzte überzeugt, »dann ist die Sportklinik tot«. Damit würde die jahrzehntelange Tradition und Kompetenz einer Klinik mit nationalem Ruf »über Bord geworfen«. Für die Chefärzte wie für die Belegschaft mit rund 200 Beschäftigten, die sich in der Sache einig sind, ist für das Weiterbestehen der Sportklinik entscheidend, dass diese »als organisatorische Einheit« bestehen bleibt. Das A und O des Erfolgs seien »kurze und schnelle Wege« sowie Mitarbeiter, die an einem Strang ziehen. In diesem Rahmen seien »verschiedene Lösungen« möglich.

Aber das Führungsquartett fragt sich, ob das Klinikum der Stadt tatsächlich den Fortbestand der Sportklinik im Auge habe. So verhindere man nach wie vor die Nachbesetzung einer vakanten Chefarzt-Stelle, was die Sportklinik »in Schieflage« bringe und den derzeit zu ermittelnden Kaufpreis drücke. Trotz vieler Gespräche fühlen sich die Chefärzte von der Verwaltung, vom Rat und dem Klinikum nicht gehört. Man habe mehrfach darum gebeten, die Sportklinik »in Zahlen mal vorstellen zu dürfen, damit die Beteiligten überhaupt wissen, worüber sie reden, aber das wurde uns verwehrt«, sagt einer.

Kritik am Konzept

Jan Steffen Jürgensen verweist auf eine »von hoher Wertschätzung für die Sportklinik« geprägten Debatte über das Konzept im Verwaltungsrat des Klinikums. Dieses sei »mit nur einer Enthaltung« befürwortet worden. Es gab aber auch kritische Stimmen. So müsse der Ausbau in Bad Cannstatt der Sportklinik angemessen sein, erklärt einer. Und die Patienten der Sportklinik erwarteten eine spezielle Klinik für ihre Anliegen und bei Operationen nicht das unfallchirurgische Umfeld eines Maximalversorgers.

Der Personalrat des Klinikums hat in der Sache bereits einen Beschluss gefasst. Markus Hekler, der stellvertretende Vorsitzende, betont, dass der Übergang der Sportklinik in die städtische Kommunalanstalt richtig sei, dies bringe für die Beschäftigten mehr Sicherheit. Das Gremium habe aber auch dafür votiert, »dass die Sportklinik möglichst als eine Einheit erhalten bleiben soll«. (GEA)