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Stuttgart ist Solar-Schlusslicht

Nirgends im Land wird pro Einwohner weniger Solarleistung verbaut als rund um die Landeshauptstadt

In Stuttgart sind Solarzellen ein seltener Anblick. Dabei gibt es Flächen und Ideen, den Ausbau voranzutreiben.  FOTO: IMAGO
In Stuttgart sind Solarzellen ein seltener Anblick. Dabei gibt es Flächen und Ideen, den Ausbau voranzutreiben. FOTO: IMAGO
In Stuttgart sind Solarzellen ein seltener Anblick. Dabei gibt es Flächen und Ideen, den Ausbau voranzutreiben. FOTO: IMAGO

STUTTGART. Bei der Solarenergie steht die Region Stuttgart landesweit auf dem letzten Platz. Auf einer Karte des Photovoltaik-Netzwerks Baden-Württemberg ist sie als Einzige hellgrau eingefärbt: hellgrau wie wenig zugebaute Solarleistung, jedenfalls auf Dächern und gemessen an der Einwohnerzahl. Bei der installierten Gesamtleistung hingegen liegt die Region landesweit auf Platz zwei hinter Heilbronn-Franken. Doch viele Menschen bedeuten eben auch viel Energieverbrauch. Gemessen daran haben andere Regionen, zum Beispiel Oberschwaben, zuletzt doppelt so viel installiert.

Und der Solarboom setzt sich fort: Im ersten Halbjahr 2023 wurde in Baden-Württemberg mehr PV-Leistung zugebaut als insgesamt im vergangenen Jahr. Auch wenn man die insgesamt verbaute Solarleistung pro Kopf betrachtet, ist die Verbraucherregion Stuttgart ein heller Fleck inmitten weitaus leistungsfähigerer Gegenden im Land. Das zeigen die Daten des Solarrankings Baden-Württemberg. Woran liegt es, dass eine energiehungrige Region wie Stuttgart so wenig eigenen Solarstrom erzeugt? »Es geht hier deutlich enger zu als in allen anderen Teilen des Landes«, sagt der Chefplaner des Regionalverbands Stuttgart, Thomas Kiwitt.

Viele Menschen, wenig Dach

Tatsächlich ist die Region Stuttgart sehr dicht besiedelt, hier leben mehr Menschen unter einem Dach als in den meisten anderen Landstrichen im Südwesten. Das macht den Solarzubau komplizierter, etwa wenn es sich um eine Eigentümergemeinschaft handelt. Zudem ist die Installation meist teurer als auf dem Dach eines Einfamilienhauses. Wegen der kleineren Dachfläche pro Person sind dicht besiedelte Regionen bei Rankings, die auf die PV-Leistung pro Einwohner schauen, strukturell ohnehin im Nachteil. Ähnlich argumentiert die Stadt Stuttgart, die im Solarranking auf dem letzten Platz landet. Viel Solarleistung auf einen Schlag lässt sich mit großen Freiflächenanlagen erzeugen. Das gehe in der Region Stuttgart schwerer als anderswo, sagt Kiwitt. Die Böden seien äußerst fruchtbar und für Solaranlagen zu schade, zumal viele Grundstücke oft sehr klein sind. »Eine mehrere Hektar große PV-Anlage umzusetzen ist oft enorm aufwendig – schon um die Eigentümer überhaupt festzustellen«, erklärt der Regionalplaner.

Die Region Stuttgart hat weniger geeignete Flächen als andere Landkreise und nutzt diese so gut wie nicht, wie eine Auswertung der Klimaschutz- und Energie-agentur des Landes von 2021 zeigt. »Der Fotovoltaik-Ausbau muss noch deutlich beschleunigt werden, um den wachsenden Strombedarf sicher und klimafreundlich decken zu können«, heißt es darin.

Flächen sind vorhanden

Rund vier Prozent der Fläche könnten sofort für PV-Anlagen genutzt werden, berichtet der Regionalverband. »Die Freiflächen sind da. Eigentlich können wir durchstarten«, sagte Regionaldirektor Alexander Lahl bereits vergangenes Jahr. Von selbst passiert das allerdings nicht.

Die Ludwigsburger Baubürgermeisterin Andrea Schwarz wies im Juli darauf hin, dass man auf die Mithilfe der Bürger angewiesen sei. Denn private Dächer werden von Privatleuten und Unternehmen bestückt. Für sie hat die Bundesregierung vergangene Woche Erleichterungen auf den Weg gebracht. Doch auch Kommunalverwaltungen können etwas zum Gelingen der Energiewende beitragen. Sie stellen Bebauungspläne auf und regeln die Flächennutzung, um Freiflächenanlagen zu ermöglichen. Zudem können sie ihre eigenen Gebäude mit Solaranlagen bestücken. Gespräche mit zahlreichen Gemeinden machten Hoffnung, dass »schon kurzfristig« mehr größere Solaranlagen errichtet würden, sagt Kiwitt nun.

Der Chefplaner hofft, dass die hier »deutlich intensiveren Nutzungskonflikte« vor allem mit Landwirten dank sogenannter Agri-PV gelöst werden können, die wie ein Dach etwa über Obstplantagen oder Äckern installiert wird. Auch auf den rund 15 Prozent bereits bebauter Fläche der Region könnte Solarstrom erzeugt werden. (GEA)