LEINFELDEN-ECHTERDINGEN. Patrick Cwielong zeigt nach oben. Gut 30 Meter unter der Erde steht der Projektingenieur der Deutschen Bahn (DB) und erklärt einer Besuchergruppe, was hier im Untergrund der Landesmesse Stuttgart zu sehen ist. Am oberen Ende der Baustelle ein Rundschacht mit 20 Metern Durchmesser, der in die Messepiazza mündet und von dem aus in ein paar Jahren die Fahrgäste in den neuen Flughafen-Bahnhof ein- und aussteigen werden. Unterirdisch werden zudem künftig in 27 Meter Tiefe Gleise verlaufen, und die Tunnelröhren dafür sowie das Fundament des neuen Fernverkehr-Bahnhofs sind schon weit fortgeschritten. Gebaut und betoniert werden die Tunnelinnenröhren mit bis zu 14 Meter langen Schalwagen, die Cwielong ehrfürchtig »grüne Monster« nennt.
Der Auftrag für das Projekt erging Ende 2019 an eine Bietergemeinschaft, bestehend aus den Firmen Ed. Züblin AG und Max Bögl. Am 20 Juli 2020 war der offizielle Anschlag für den rund 2200 Meter langen Flughafentunnel. Der Tunnel erschließt in zwei Röhren den 450 Meter langen Bahnsteig am Airport. Das Auftragsvolumen für die Flughafenanbindung liegt nach Angaben eines Bahnsprechers bei rund 500 Millionen Euro. Hier unten steht bald der letzte Tunneldurchschlag im Gesamtprojekt Stuttgart 21 an, das am Ende insgesamt 56 Kilometer Tunnelnetz umfassen wird – die letzten 250 Meter auf den Fildern fehlen noch.
Im Dezember 2025 soll Stuttgart 21 in Betrieb gehen. Die Fahrzeit zwischen Hauptbahnhof und Flughafen-Bahnhof beträgt dann im Regionalverkehr nur noch sechs anstatt heute 27 Minuten mit der S-Bahn. Der Anschluss des Flughafen-Bahnhofs aus Richtung Ulm wird aufgrund vorbereitender Baumaßnahmen für den Gäubahn-Anschluss über den Pfaffensteigtunnel laut DB erst im Dezember 2027 erfolgen. Dann wird auch die Region Reutlingen/Tübingen massiv profitieren. Vom Reutlinger Bahnhof benötigen Züge künftig 27 anstatt derzeit 75 Minuten zum Flughafen und zur Messe.
Letzter Baustein beim Ausbau der neuen Verkehrsdrehscheibe auf den Fildern ist der Pfaffensteigtunnel. Bis er in Betrieb gehen wird und sich somit auch die Anbindung an die Gäubahn in Richtung Singen und Zürich deutlich verbessert, ziehen weitere Jahre ins Land. Der elf Kilometer lange Tunnel verbindet den Flughafen mit Böblingen und ist Teil des neuen Gäubahn-Ausbaukonzepts. Damit verkürzt sich die Reisezeit von Böblingen aus zum Airport von heute 22 auf künftig etwa 7 Minuten. Der aktuelle Zeitplan sieht vor, dass 2026 mit dem Bau des Pfaffensteigtunnels begonnen wird und die Züge voraussichtlich ab Ende 2032 hindurchfahren.
Aufs Dach der Messe kommen weitere Photovoltaik-Anlagen
Die Zukunft liegt für die Landesmesse aber nicht nur unter der Erde. Auch oben, auf den Dächern der Messehallen, schreitet der Fortschritt weiter voran. Von den 120.000 Quadratmetern Dachfläche werden schon jetzt 43.000 Quadratmeter mit Photovoltaikanlagen für die Stromerzeugung genutzt. Die jährliche Ausbeute liegt derzeit bei rund 3,63 Millionen Kilowatt Solarstrom. Damit können mehr als 900 Vier-Personenhaushalte ein Jahr lang versorgt werden.
Die Projektgesellschaft Neue Messe hat nun weitere Potenziale ermittelt, auf denen Photovoltaik-Kraftwerke wirtschaftlich betrieben werden können. Dazu zählen weitere Dachflächen, aber auch Parkplatzflächen. So soll zum Beispiel der Lkw-Pool am Rande des Messegeländes mit einer PV-Anlage überbaut werden. In Summe könnten somit weitere 6,4 Gigawattstunden pro Jahr erzeugt werden. Das alles hat allerdings seinen Preis: Die Investitionskosten für das Projekt »Masterplan Energie« liegen nach Auskunft der Landesmesse im zweistelligen Millionenbereich.
2022 schreibt die Messe wieder einen Gewinn
Messe-Chef Roland Bleinroth jedenfalls ist zuversichtlich, dass die Messe es stemmen kann. Zumal das Nachhaltigkeits-Engagement auch für Messegesellschaften »immer wichtiger wird«. Nach der Corona-Pandemie lautet sein Motto: »Hurra, wir leben noch!« Nach den pandemiebedingten Verlustjahren 2020 und 2021 schrieb die Messe in 2022 mit einem Ergebnis von 6,6 Millionen Euro vor Pacht und Steuern wieder einen Gewinn – und das, obwohl im ersten Halbjahr 2022 so starke Messen wir die CMT, die Intergastra sowie die Rolladen und Tor aufgrund der Corona-Verordnung ausfallen mussten. Für 2025 und die Folgejahre erwartet der Verband der deutschen Messewirtschaft zudem, dass die Umsätze wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht haben. Dann können die Besucher auch mit der Regionalbahn oder dem ICE zur Messe anreisen.