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Studie: Start-ups im Südwesten werben mehr Geld ein

Der Höhenflug deutscher Start-ups ist vorbei, viele kommen nur noch schwer an Geld. In neuen Zahlen für Baden-Württemberg zeigt sich die Krise aber noch nicht - insbesondere wegen eines Überfliegers.

Start-up-Branche in Deutschland
Zwei Frauen arbeiten in einem Coworking-Space. Foto: Sebastian Gollnow/DPA
Zwei Frauen arbeiten in einem Coworking-Space.
Foto: Sebastian Gollnow/DPA

Entgegen der bundesweiten Krise bei der Start-up-Finanzierung haben Jungunternehmen in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr mehr Geld eingesammelt. 2023 warben Start-ups aus dem Südwesten insgesamt 736 Millionen Euro ein und damit 13,9 Prozent mehr als im Vorjahr (646 Millionen Euro). Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Landesweit gab es 62 Finanzierungsrunden, nach 73 im Jahr zuvor.

Zum Halbjahr 2023 war das Finanzierungsvolumen von Start-ups aus dem Land noch stark eingebrochen. Das Plus am Ende des Jahres dürfte vor allem auf eine einzelne Finanzspritze zurückgehen: Im November hatte das KI-Unternehmen Aleph Alpha aus Heidelberg 463 Millionen Euro eingesammelt. Damit ging auch die größte Finanzierungsrunde 2023 in den Südwesten - und zum ersten Mal seit 2019 und erst zum zweiten Mal seit Beginn der Erhebung vor zehn Jahren nicht nach Berlin.

2023 kam Baden-Württemberg beim Volumen nun auf einen Marktanteil von gut zwölf Prozent und landete damit im Bundesländervergleich auf dem dritten Platz. Die Start-ups aus Berlin und Bayern warben zwar immer noch deutlich mehr Kapital ein - die zwei Spitzenreiter musste 2023 aber auch herbe Rückgänge wegstecken. In der Hauptstadt brach das Wagniskapital-Volumen um mehr als die Hälfte auf fast 2,4 Milliarden Euro ein. In Bayern betrug das Minus gut 27 Prozent.

Bundesweit sammelten Start-ups 2023 insgesamt rund sechs Milliarden Euro ein und damit 39 Prozent weniger als im Vorjahr (9,9 Milliarden Euro). Das vergangene Jahr war damit bereits das zweite mit einem kräftigen Rückgang in Folge. Gemessen am Rekordjahr 2021, in dem die Unternehmen knapp 17,4 Milliarden Euro eingeworben hatten, brachen die Investments um nahezu zwei Drittel ein. Die rauen Zeiten zeigen sich auch bei den Finanzierungsrunden. Ihre Zahl sank laut EY 2023 um 15 Prozent zum Vorjahr auf 861 Deals. Zudem gab es nur acht Deals mit mehr als 100 Millionen Euro. 2022 waren es noch 19 und 2021 sogar 33.

EY-Partner Thomas Prüver verwies angesichts der Finanzierungskrise auf die hohe Inflation, gestiegene Zinsen, die schwache Konjunktur und Unsicherheit wegen Kriegen. »Um auch in diesen schwierigen Zeiten an frisches Kapital zu kommen, reichen für Start-ups gute Ideen allein nicht mehr aus.« Nötig aus Sicht der Geldgeber seien nun solide Geschäftsmodelle und die Aussicht auf Profitabilität.

Start-ups sind auf Investoren angewiesen, da sie erst auf Wachstum setzen, bevor sie Gewinne schreiben. Große Fonds und Konzerne beteiligen sich mit Wagniskapital an jungen Firmen in der Hoffnung, dass sich deren Ideen durchsetzen. Noch in der Corona-Pandemie hatten Start-ups einen Boom erlebt. Sie profitierten davon, dass die Zinsen niedrig waren und die Digitalisierung einen Schub bekam - etwa bei Finanzgeschäften, Online-Shopping oder Essenslieferungen. Doch mit dem Zinsanstieg folgte die Krise: Einige Start-ups strichen Jobs, andere - wie der Lieferdienst Gorillas - wurden übernommen.

Prüver rechnet damit, dass der Jobabbau in der Branche weiter geht: »Die Talsohle ist hier noch nicht erreicht.« Auch 2024 müssten Start-ups signifikant die Kosten drücken. »Das betrifft auch und insbesondere die Personalkosten«, teilte er mit.

© dpa-infocom, dpa:240116-99-628198/2