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Strafe und Berufsverbot wegen zig falscher Maskenatteste

Auf Zuruf soll eine Ärztin Tausende Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht erstellt und damit viel Geld verdient haben. Das Amtsgericht Weinheim hat den Fall nun abgeschlossen.

Amtsgericht Weinheim
Ein Schild mit der Aufschrift »Amtsgericht Weinheim« steht vor dem Amtsgericht. Foto: Str
Ein Schild mit der Aufschrift »Amtsgericht Weinheim« steht vor dem Amtsgericht.
Foto: Str

In einem der größten Prozesse wegen falscher Maskenatteste während der Corona-Pandemie hat ein Gericht eine Ärztin zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt - es geht um mehr als 4000 Fälle. Zudem verhängte es laut der Direktorin des Amtsgerichts Weinheim am Montag ein vorläufiges Berufsverbot und ordnete an, dass rund 28.000 Euro eingezogen werden. Darüber hinaus verurteilte das Gericht eine Angestellte zu einer Geldstrafe. Mehr als 100 Menschen hatten vor dem Prozess in der Nähe von Mannheim demonstriert. Sie hielten Schilder unter anderem mit der Aufschrift »Die Würde des Menschen ist angetastet! Wann erhebt ihr euch?«.

Bei dem eingezogenen Geld handelt es sich nach Angaben des Gerichts um die Summe, die die Ärztin für das Erstellen der Atteste von den Empfängern eingenommen habe. Bundesweit hätten Menschen entsprechende Atteste bestellt und bekommen - ohne dass die Ärztin sie untersucht hätte oder auch nur Kenntnisse über etwaige Vorerkrankungen gehabt hätte. Es seien auch keine Patientenakten angelegt worden. »Der Vorgang erinnert eher an einen Verkauf von Attesten als an eine medizinische Maßnahme«, heißt es in der Mitteilung.

Im Fall der Angestellten ging das Gericht davon aus, dass die Frau »von ihrer Vorgesetzten zu den Taten angewiesen worden ist und mutmaßlich ihrer Rechtspflicht nur hätte nachkommen können, wenn sie ihre Anstellung aufgegeben hätte«. Daher befand es eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro als ausreichend und sah von einer Freiheitsstrafe auf Bewährung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Hintergrund der ausgestellten Atteste war nach Angaben der Anklagebehörde die politische Einstellung der Ärztin aus Weinheim im Rhein-Neckar-Kreis. Die 59-Jährige halte die gesetzlich gebotenen coronabedingten Einschränkungen für unangemessen und verfassungswidrig. Insbesondere gegen die Pflicht zum Tragen eines Mundschutzes habe sich die Angeklagte wiederholt öffentlich auf Demonstrationen und der Video-Plattform Youtube ausgesprochen, hieß es. Sie habe sich dazu auch vor Gericht bekannt.

Die Frau wurde von dem Rechtsanwalt Ivan Künnemann vertreten, der auch als Bevollmächtigter des umstrittenen Arztes Bodo Schiffmann Anschuldigungen zurückgewiesen hatte, der Hals-Nasen-Ohrenarzt habe Menschen ohne Untersuchung von der Maskenpflicht befreit. Unter anderem wegen dieser Vorwürfe hatte die Staatsanwaltschaft Heidelberg gegen den bekannten Sinsheimer Impfgegner Anklage erhoben. Auch seine Frau ist wegen des Ausstellens falscher Atteste beschuldigt.

Die 47-jährige Mitarbeiterin der Ärztin wurde von der Heidelberger Rechtsanwältin Beate Bahner verteidigt, einer bekannten Kritikerin der Corona-Politik. Sie warnte vor den medizinischen Risiken für Geimpfte und rechtlichen Konsequenzen für impfende Ärzte. Die Fachanwältin für Medizinrecht war auch in mehreren Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof gegen die baden-württembergische Corona-Verordnung vorgegangen - stets ohne Erfolg. Auch mit einem Antrag auf einstweilige Anordnungen gegen die Corona-Verordnungen aller 16 Bundesländer beim Bundesverfassungsgericht war sie gescheitert.

Zweimal war die Weinheimer Verhandlung auf Wunsch der Verteidigung verschoben worden. Für den letzten Termin am 12. Dezember hatten die Verteidiger geltend gemacht, verhandlungsunfähig zu sein und Atteste nachgereicht.

Mitte November 2022 war ein Arzt vom Landgericht Passau wegen Ausstellens falscher Masken-Atteste für nicht untersuchte Schulkinder in 24 Fällen zu einer einjährigen Bewährungsstrafe sowie einer Geldauflage in Höhe von 50.000 Euro verurteilt worden. Damit blieben die Richter in dem Berufungsprozess unter der Forderung des Staatsanwaltes nach einer zweijährigen Haftstrafe ohne Bewährung sowie einem zeitweisen Berufsverbot.

© dpa-infocom, dpa:230102-99-83080/4