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Staus und Pfiffe - Wieder Tausende bei Bauernprotesten

Sie hupen und pfeifen, aber können die Bauern auch die Politik weiter umstimmen? Zumindest im Bundesrat macht sich die Front gegen Kürzungen breit - auch wenn sich der Südwesten wohl enthalten wird.

Bauernprotest
Bauern stehen mit Traktoren auf einer Brücke. Foto: Julian Stratenschulte/DPA
Bauern stehen mit Traktoren auf einer Brücke.
Foto: Julian Stratenschulte/DPA

Ohrenbetäubende Hupkonzerte von Hunderten Traktoren, laute Buhrufe und ein Pfeifkonzert auf dem zentralen Protestplatz. Auf einer großen Kundgebung haben Tausende von Landwirtinnen und Landwirte am Dienstag in Stuttgart ihrem Ärger erneut ordentlich Luft gemacht und gegen die Haushaltspolitik der Bundesregierung demonstriert. Auf großen Bannern forderten sie mehr Wertschätzung und ein Aus für die geplanten Kürzungen beim Agrardiesel. »Was ich mir von der Politik wünsche, wären jetzt mal klare Zusagen«, sagte Christian Coenen von der Organisation »Land Schafft Verbindung«, die zur Kundgebung aufgerufen hatte.

Nach Schätzungen der Veranstalter versammelten sich etwa 5000 Demonstranten mit etwa 3200 Traktoren auf dem Cannstatter Wasen am Neckarufer. Die Polizei teilte auf Anfrage mit, sie erhebe keine Daten zur Beteiligung.

Deutschlandweit protestieren Landwirte seit Anfang Januar vor allem gegen die Pläne der Bundesregierung, die Subvention des Agrardiesels bis 2026 schrittweise zu beenden. Noch weiter gehende Pläne hatte die Bundesregierung zuvor zurückgezogen.

Der bayerischen Landesregierung reicht das nicht. Sie will die vor allem umstrittenen Kürzungen für Agrardiesel-Beihilfen über einen Vorstoß im Bundesrat kippen und hofft dabei auf die Unterstützung anderer Bundesländer. Baden-Württembergs grün-schwarze Koalition hat in dieser Sache aber noch nicht über eine Haltung entschieden.

Während der Freistaat bei der nächsten Sitzung der Länderkammer am kommenden Freitag (2. Februar) per Antrag die vollständige Rücknahme der geplanten Einsparungen fordern will, müsse sich Baden-Württemberg in einigen Fragen noch abstimmen. »Über manche Fragen haben wir uns schon geeinigt, über andere nicht«, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Wird keine Verständigung erreicht, werde sich das Land enthalten.

Im Bundesrat kann jedes Bundesland seine Stimmen nur einheitlich abgeben, so schreibt es das Grundgesetz vor. Deshalb müssen sich die Landesregierungen vor den Abstimmungen im Gremium darüber einigen, wie die Stimmen abgegeben werden sollen. Vor allem Koalitionsregierungen gelingt es nicht immer, sich über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat zu verständigen.

Für die baden-württembergische CDU betonte deren Fraktionschef Manuel Hagel bei der großen Kundgebung vor Bauern, die Bundesregierung müsse die Kürzungen im Agrarsektor aus Sicht seiner Partei vollständig zurücknehmen. »Die Bauern brauchen spürbare Entlastungen«, sagte er in Stuttgart. »Daher sollte jetzt auch die Landesregierung im Bundesrat Farbe bekennen und der Initiative der bayerischen Staatsregierung beitreten.«

SPD-geführte Länder wie Brandenburg, das Saarland, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern hatten sich während der Bauernproteste schon gegen die Kürzungspläne der Ampel-Regierung ausgesprochen. Ein Einspruch des Bundesrats kann aber vom Bundestag überstimmt werden. Daher sind die Erfolgsaussichten von Bundesratsinitiativen in der Regel sehr gering.

Unter anderem wegen der geplanten Abschaffung von Steuerentlastungen beim Agrardiesel in mehreren Schritten gehen bundesweit seit Wochen Landwirte auf die Straßen. Die Landwirte kritisieren zudem geringere Beihilfen aus Brüssel, die Erhöhung der Lkw-Maut und bürokratische Hürden.

© dpa-infocom, dpa:240130-99-803282/6