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Städtetagspräsident Kurz: Rückzug von Handelsketten in Citys birgt Chancen

Die meisten deutschen Einkaufsstraßen sind geprägt von Filialen der großen Handelsketten. Wenn die wegen Corona jetzt verschwinden, entstehen hässliche Lücken - oder aber Räume für innovative Handelskonzepte.

Peter Kurz
Peter Kurz, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim. Foto: Uwe Anspach/dpa/Archivbild
Peter Kurz, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim. Foto: Uwe Anspach/dpa/Archivbild

MANNHEIM. Baden-Württembergs Städtetagspräsident Peter Kurz verlangt Programme zur Sicherung lebendiger Innenstädte, sieht aber in dem coronabedingten Rückzug von Handelsketten auch Chancen. »Corona beschleunigt die Diskussion um Probleme, die schon vorher in der Luft lagen, wie die Monostrukturen in den Kernen mit den immer gleichen Filialgeschäften und Burgerbratern«, sagte der Mannheimer Oberbürgermeister (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Eine vielfältigere Nutzung sei das Gebot der Stunde. Überdies sprach er sich für Programme aus, mit denen die Kommunen im Kampf gegen Leerstände unterstützt werden. Nordrhein-Westfalen etwa habe dafür einen Innenstadtfonds eingerichtet.

In Mannheim gibt es eine einstellige Zahl angekündigter Schließungen, darunter auch Ketten. Diese Entwicklung verlange, so Kurz, dass Vermieter überzogene Mieten überdenken, weil sich alternative Nutzer diese Summen nicht leisten könnten. Gesund sei ein Nutzungsmix mit Einzelhandel, kulturellen und gastronomischen Angeboten, Dienstleistern und Start-ups. Er sehe einen Trend zu Nutzungskombinationen wie etwa Café, Co-Working und Haushaltswaren in einer Einheit. Leerstände seien zu vermeiden, weil diese den noch verbliebenen Geschäften schadeten. »Es besteht die Gefahr eines Trading-Down-Effekts, wenn keine Nutzer oder auch Zwischennutzer gefunden werden.« In Einzelfällen könne auch die Kommune oder das Land eventuelle Mietlücken überbrücken - aber nur als Startimpuls.

Die durch Corona beschleunigte Digitalisierung müsse der gesamte Handel nachvollziehen. Der Online-Auftritt von Geschäften sei notwendig für ihr Überleben, betonte der Oberbürgermeister der zweitgrößten Stadt Baden-Württembergs. »Man braucht heute zwei Standbeine: Präsenz und Internet - das erwarten die Kunden.« Andererseits müsse der Flut von Paketen wegen Verpackungsmüll und Lieferverkehr Einhalt geboten werden, etwa durch eine Online-Steuer, von der lokale Einzelhändler durch hohe Bagatell-Grenzen ausgenommen werden könnten.

Der Verbandschef plädierte auch für mehr Aufenthaltsqualität in den Innenstädten. »Die Mediterranisierung des Lebens verlangt den Kommunen ab, insbesondere Verkehrsflächen neu zu verteilen.« Mehr und attraktivere Plätze, Grünflächen und Möblierung könnten wieder mehr Menschen in die Citys locken. Kurz: »Da ist noch Luft nach oben.« (dpa)