Stuttgart (dpa/lsw) - Die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geplante Steuer auf Aktienkäufe würde nach Ansicht der Sparkassen im Südwesten genau die Falschen treffen. »Wir lehnen die Pläne rundweg ab«, sagte der Präsident des Sparkassenverbandes, Peter Schneider, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die Überlegungen hätten in ihrer jetzigen Form überhaupt keinen Sinn.
»Die Diskussion kam auf nach der Finanzkrise, als man diesen hektischen Hochfrequenzhandel, dieses Zockertum treffen wollte. Das war eine Überlegung, die man nachvollziehen konnte«, sagte Schneider, der als Verbandspräsident die Interessen der mehr als 50 Sparkassen im Südwesten vertritt. »Aber jetzt ist eine Steuer geplant, die nur den normalen Anleger trifft.«
Wer Aktien kauft, soll nach den Plänen von Scholz 0,2 Prozent des Geschäftswerts an den Fiskus zahlen. Es sollen allerdings nicht alle Finanzgeschäfte besteuert werden, sondern nur Aktien großer Unternehmen mit einem Börsenwert von mehr als einer Milliarde Euro. Ausgenommen werden soll zudem der Derivatehandel, also auch stark spekulative Finanzprodukte.
»Die Zocker sind nicht mehr drin in dem Gesetzeszweck«, kritisierte Schneider. »Und von daher sind wir entschieden dagegen.«
Viele Sparer seien inzwischen geradezu auf der Flucht, weil sie ja schon fürchten müssten, für Geld auf dem Konto Negativzinsen zu zahlen. »Diese verrückte Geldpolitik hat Geld zur heißen Kartoffel gemacht«, sagte Schneider. Man müsse nur mal einen Bürgermeister fragen, was derzeit passiere, wenn er versuche, Grundstücke für ein neues Baugebiet zu kaufen. »Die Haltung der Eigentümer ist doch, zu sagen: «Was soll ich mit dem Geld für das Grundstück machen? Ich bleib' lieber bei Sachwerten und behalte meine Wiese»«, sagte Schneider.
Auch die immer weiter steigenden Wohn- und Immobilienpreise in Stuttgart würden vor allem von Anlegern verursacht, die sonst nicht wüssten, wohin sie mit ihrem Geld gehen sollten. »Wenn jetzt auch noch der normale Aktienkäufer mit einer Steuer bestraft würde, wäre das absolut kontraproduktiv«, sagte Schneider.
Dass es mit der Zinspolitik überhaupt so weit habe kommen können, habe er sich nicht vorstellen können. Noch bis zum vergangenen Sommer habe die Erwartung geherrscht, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen wieder anhebe - das sei von den Verantwortlichen der Währungsbehörde selbst so gesagt worden. »Heute wissen wir: Es war eine Vertröstungsarie«, sagte Schneider.
Er betonte, die Sparkassen wollten keine Negativzinsen oder Verwahrentgelte für ihre Kunden einführen. Natürlich bereite man sich aber grundsätzlich darauf vor - wie alle anderen Geldhäuser auch. »Das müssen wir tun, da keiner vorhersagen kann, ob nicht eines Tages Negativzinsen auf breiter Front ein Thema sind«, sagte Schneider.
Dass man den Zins jetzt nicht auf einen Schlag auf drei oder vier Prozent erhöhen könne, wisse er auch - und dafür plädiere er auch nicht. »Aber auf Dauer in diesem abstrusen Minusbereich zu bleiben, den wir heute haben, mit all den gesellschaftlichen Nebenwirkungen, die wir jetzt immer mehr sehen, ist unmöglich.«