Nach dem Fund des Gefechtskopfs eines sowjetischen Panzerabwehrgeschosses in Pforzheim wird wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt. Wie ein Polizeisprecher auf Anfrage sagte, laufe das Verfahren zunächst gegen Unbekannt. Das Geschoss war am 11. September von einem Spaziergänger am Ufer der Nagold entdeckt und noch am selben Tag vom Kampfmittelbeseitigungsdienst gesprengt und unschädlich gemacht worden. Umliegende Häuser wurden evakuiert, 40 Menschen mussten vorübergehend ihre Wohnungen verlassen.
Nach Angaben der Kampfmittelexperten beim Regierungspräsidium Stuttgart war der scharfe Gefechtskopf der Panzerabwehrwaffe RPG-2 vollständig. Es fehlte lediglich das Abschussrohr. Wie das Geschoss ans Flussufer nach Pforzheim kam, ist nicht bekannt. »Der Gegenstand könnte irgendwann mal angeschwemmt worden sein«, mutmaßte ein Polizeisprecher. Einen konkreten Tatverdacht gebe es nicht; dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging, wird angenommen.
Das Kampfmittel lag nach Einschätzung der Experten wohl längere Zeit im Wasser. Es sei äußerlich gut erhalten gewesen, vorne aber deformiert. Da es nicht transportsicher war, wurde es vor Ort gesprengt.
Zunächst war die Stadt davon ausgegangen, dass es sich um einen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg handelt. Waren doch am 23. Februar 1945 bei einem Angriff der alliierten Luftstreitkräfte 1575 Tonnen Bomben abgeworfen worden, darunter Spreng- und Brandbomben sowie Luftminen. Große Teile Pforzheims wurden in 20 Minuten in Schutt und Asche gelegt, mindestens 17 600 Menschen starben. Doch die Bomber kamen von der britischen Royal Air Force. Sowjetische Kräfte waren an der Bombardierung Pforzheims nicht beteiligt.
Untersuchungen des gefundenen Gefechtskopfs weisen auf eine spätere Produktion hin. »Es handelt sich definitiv um ein Nachkriegsmodell«, sagte ein Spezialist des Kampfmittelbeseitigungsdienstes den »Badischen Neuesten Nachrichten« (BNN). »Ob ihn jemand irgendwo von einem Truppenübungsplatz mitgenommen und dann verschossen hat - wir können nicht sagen, wie er dorthin kam«, zitiert die BNN den Experten. Funde sowjetischer oder russischer Kampfmittel sind in Baden-Württemberg demnach sehr selten.
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