Die Schlagersängerin Michelle hat anlässlich ihres angekündigten Rückzugs eine persönliche Bilanz gezogen. Wegen ihrer harten Kindheit habe die Musik ihr Halt gegeben, sagt die 52-Jährige, die mit bürgerlichem Namen Tanja Hewer heißt, im Interview der »Zeit«. »Michelle war auch eine Art Zuflucht für mich«, erzählt sie. »Meine Mutter war Alkoholikerin, mein Vater gewalttätig. Ich lebte bei einer Pflegefamilie, dann zeitweise auf der Straße und arbeitete in einer Kneipe. Dort lernte ich ein Paar kennen. Sie gaben mir ein Zimmer, dafür passte ich auf ihre zwei Kinder auf. Das Paar hatte eine Band und als die Sängerin ausfiel, übernahm ich. So bin ich von der Straße auf die Bühne katapultiert worden.«
Schlaganfall und Hundesalon
1993 brachte sie ihre erste Single heraus. Ihr neues Album »Flutlicht«, das heute erschienen ist, soll ihr letztes sein. Die in Villingen-Schwenningen geborene Künstlerin errang obere Plätze in den Charts, war Dauergast in Fernsehshows, füllte Konzerthallen, sammelte Gold und Platin für verkaufte Alben. Mit dem Lied »Wer Liebe lebt« vertrat sie 2001 Deutschland beim Eurovision Song Contest.
Im Laufe ihrer Karriere kündigte sie bereits zweimal einen Rückzug an. Einmal, nachdem sie einen Schlaganfall erlitten hatte. Anschließend eröffnete sie einen Hundesalon. »Das haben viele belächelt«, sagt sie. »Für mich aber war es die Chance, eine Arbeit zu machen, die mich erfüllt und mit Tieren in Kontakt zu sein. Das hat mich geheilt.«
»Den falschen Menschen vertraut« - Worte zu ihrer Privatinsolvenz
2008 war sie privat insolvent. Ihre Bilanz: »Wäre Geld für mich ein entscheidender Faktor gewesen, dann wäre mir das mit der Insolvenz nie passiert. Dann hätte ich mich um meine Finanzen gekümmert. Stattdessen habe ich den falschen Menschen vertraut.«
Aktuell ist sie mit dem 27-jährigen Musiker Eric Philippi verlobt. Das Paar lebt im Saarland. Hewer war zweimal verheiratet. Sie hat drei Kinder, unter anderem eine Tochter mit dem Schlagermusiker Matthias Reim. Zu ihren Ex-Partnern habe sie gute Verhältnisse.
Gutes Verhältnis zu Ex-Partnern
»Wir bleiben in Verbindung, allein wegen unserer Kinder«, sagt sie. »Das ist eine Verantwortung. Auch wenn der gemeinsame Weg zu Ende ist, muss man im Guten auseinandergehen. Sich nicht hassen. Und vor allem nicht das Kind dazu benutzen, um dem Partner eins auszuwischen. Mit meinen Ex-Partnern habe ich es immer geschafft, ein gutes Verhältnis zu wahren. Dafür bin ich sehr dankbar.«
Im Alter werde vieles leichter, sagt die Musikerin. Sie wisse aber gar nicht, »wie es ist, alt zu sein. Ich war nie Kind, aber ich bin auch nicht alt. Gefühlt bin ich 32. Ich springe immer noch mit Arschbombe in den Pool.«
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