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Schüsse auf Asperger Parkplatz: Nach Geständnis noch Fragen

Ein Jugendlicher wird auf einem Parkplatz in Asperg erschossen. »Warum?«, fragen sich Angehörige seither. Nun bricht der mutmaßliche Täter sein Schweigen. Aber wirklich weiter ist man auf der Suche nach einem Motiv noch nicht.

Prozess um tödliche Schüsse in Asperg
Ein Angeklagter sitzt beim Auftakt eines Prozesses um tödliche Schüsse auf einem Parkplatz in Asperg in Handschellen im Gerichtssaal. Foto: Bernd Weißbrod/DPA
Ein Angeklagter sitzt beim Auftakt eines Prozesses um tödliche Schüsse auf einem Parkplatz in Asperg in Handschellen im Gerichtssaal.
Foto: Bernd Weißbrod/DPA

Auch nach drei Prozesstagen, nach Zeugenaussagen und dem Geständnis des mutmaßlichen Schützen zeigt sich der Vorsitzende Richter Matthias Merz ratlos. »Wir alle hier im Saal rätseln gerade etwas darüber, warum das passiert ist«, sagt er zum jungen Mann im Zeugenstand, der dabei gewesen ist im vergangenen April, als sein bester Freund auf einem Parkplatz in Asperg (Kreis Ludwigsburg) im Kugelhagel zusammenbrach und starb. Auch er wisse es nicht, antwortet ihm der 19-Jährige und Merz ist die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben.

Denn die drei mutmaßlichen Täter hatten sich mit seinem Freund im vergangenen April eigentlich auf dem Parkplatz verabredet, um einen Streit zu klären. Er habe ihn nur begleitet. Worum es ging bei dem Konflikt? Das ist auch am dritten Prozesstag am Dienstag vor dem Stuttgarter Landgericht völlig unklar. Er wisse es nicht, sagt der 19-Jährige und zuckt mit den Schultern. Und auch aus dem Geständnis des mutmaßlichen Schützen geht es nicht hervor. Drogen? Ein Mädchen? Ein Bandenstreit? Alles nur Gerüchte. Es scheint vor dem Landgericht fast so, als sei ein 18-Jähriger gestorben - und niemand weiß, warum.

Sicher scheint zumindest, wer die mehr als 20 Schüsse abgegeben hat in der Nacht von Karfreitag auf Samstag. Der 21-Jährige auf der Anklagebank hat die Tat am Dienstag gestanden. »Ich möchte die Verantwortung für mein Verhalten übernehmen«, sagte er. Es sei durch nichts zu entschuldigen. Den angeklagten jungen Männern wird unter anderem Totschlag vorgeworfen.

Es habe »Stress mit mehreren Jungs aus Ludwigsburg« gegeben, auch er habe seinen Freund nur begleitet. »Leider habe ich dann auch eine Waffe mitgenommen«, verliest sein Anwalt aus einer Erklärung. Sie habe nur der Abschreckung gedient, er habe sie aber gezogen und abgedrückt, weil er auf dem Parkplatz das Gefühl gehabt habe, einer seiner beiden Gegner greife nach etwas, einer Waffe vielleicht, unter der Jacke. »Ich dachte, ich muss jetzt schießen, um mich zu retten.«

Auch die Beschreibung des 19-Jährigen von den wenigen fatalen Momenten auf dem Parkplatz erinnern fast an einen Showdown im Western. Er habe mit seinem Freund auf dem Parkplatz gewartet, es sei ein Auto gekommen, mehrere Männer seien ausgestiegen und einer von ihnen hätte etwas gerufen wie »Wer will Stress?«. Kaum habe er mit »Ich!« geantwortet, seien die Schüsse gefallen. Zwei Messer habe er zwar bei sich getragen, sagt er (»Ich habe immer ein Messer dabei«), er habe aber keines davon gezogen.

Der 19-Jährige war an dem späten Abend durch Schüsse auf dem Schotterplatz nahe der Schule schwer verletzt worden. Nur der 21-Jährige hatte nach eigener Aussage geschossen. Die Opfer und die mutmaßlichen Täter kannten sich vor der Tat bereits. Nach Aussage des überlebenden Opfers soll es vor den Schüssen Streit gegeben haben. Deshalb habe man sich auf dem Parkplatz getroffen, »um die Sache zu klären«.

Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft ist weitgehend ausgeschlossen, dass die tödlichen Schüsse mit der Gewaltserie in Zusammenhang stehen, die seit Monaten die Region um Stuttgart erschüttert. Höhepunkt dieser blutigen Bandenfehde war bislang der Anschlag mit einer Handgranate auf eine Trauergemeinde in Altbach. Der Prozess wird am 25. Januar (09.00) fortgesetzt.

PM der Staatsanwaltschaft

© dpa-infocom, dpa:240123-99-717286/4