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Südwestmetall kritisiert Gewerkschaften für Forderungen

Die Tarifbindung in der Metall- und Elektroindustrie im Südwesten sinkt. Gewerkschaften setzen für mehr Tarifbindung auch auf die Politik. Und machen es sich damit in den Augen der Arbeitgeber zu einfach.

Südwestmetall-Chef Schulz
Joachim Schulz steht in der Zentrale des Verbands in Stuttgart. Foto: Bernd Weißbrod/DPA
Joachim Schulz steht in der Zentrale des Verbands in Stuttgart.
Foto: Bernd Weißbrod/DPA

Der Chef des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Joachim Schulz, hat Arbeitnehmervertreter dafür kritisiert, bei Tarifverträgen auf Hilfe des Gesetzgebers zu setzen. »Gewerkschaften machen es sich viel zu einfach, wenn sie nach dem Gesetzgeber rufen, damit dieser durch Zwangsmaßnahmen die Tarifbindung erhöht«, teilte Schulz der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart mit.

DGB-Landeschef Kai Burmeister hatte Arbeitgebern zuletzt Tarifflucht und fehlende Tarifbindung vorgeworfen. Burmeister forderte die Landesregierung auf, die im Koalitionsvertrag vorgesehene Reform des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes umzusetzen. Regionale Tarifverträge sollten dabei zum Maßstab bei öffentlichen Vergaben gemacht werden. Außerdem forderte der DGB, dass öffentliche Aufträge und Fördergelder generell nur an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge anwenden.

»Ein Alarmsignal«

Die in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangene Tarifbindung sei laut dem Südwestmetall-Chef für beide Seiten, Gewerkschaften und Arbeitgeber, nicht zufriedenstellend. »Sie ist ein Alarmsignal«, sagte Schulz.

Der wertende Begriff »Tarifflucht« führe aber zu einem falschen Bild, so Schulz. Es gebe in Deutschland keinen Zwang, sich einer Tarifbindung zu unterwerfen. Die Tarifpartner sollten sich darauf konzentrieren, Tarifverträge so zu gestalten, dass sie für beide Seiten Vorteile bringen. So sollten zum Beispiel Regelungen vermieden oder beseitigt werden, die bei der Umsetzung in den Betrieben erheblichen Aufwand verursachen.

In den vergangenen Jahren hätten Gewerkschaften vielfach jedoch Regelungen erzwungen, die zwar für Beschäftigte attraktiv seien, von immer mehr Arbeitgebern aber überwiegend als nachteilig empfunden würden. Das führt dazu, dass Arbeitgeber von einer Tarifbindung Abstand nehmen, wie Schulz sagte.

»Emotionale Gegenwehr der Unternehmer«

»Wenn in manchen Fällen auch noch Gewerkschaftsfunktionäre in den Betrieben eher konfliktschürend auftreten, löst dies vielfach eine emotionale Gegenwehr der Unternehmer aus«, sagte Schulz. Dabei würden die vielen Vorteile einer Tarifbindung leider in den Hintergrund gedrängt.

Nach Angaben des Arbeitgeberverbandes sind in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie aktuell rund 525.000 Menschen in knapp 700 tarifgebundenen Unternehmen beschäftigt. Die Tarifbindung liege damit bei rund 55 Prozent - und sei damit weit von den Höchstständen in den Siebzigern mit mehr als 80 Prozent entfernt.

© dpa-infocom, dpa:231208-99-221494/2