Kuhn hatte sein Amt am 7. Januar 2013 als erster Grünen-OB einer Landeshauptstadt angetreten. Zuvor hatte er sich gegen den parteilosen Konkurrenten Sebastian Turner durchgesetzt, der von CDU, FDP und freien Wählern unterstützt worden war. Kuhn baute damals und auch in den vergangenen Jahren im Rathaus auf seine Erfahrung als Gründungsmitglied der Grünen, als ehemaliger Parteichef und als Ex-Fraktionschef im Landtag und im Bundestag.
In Stuttgart könnte Kuhn bei der Abstimmung am 8. November 2020 auf das starke Abschneiden der Grünen bei der jüngsten Kommunalwahl bauen. Im vergangenen Mai hatte die Partei die CDU im Gemeinderat überholt und war stärkste Kraft geworden. Andererseits hatten bei einer Forsa-Umfrage im Mai 2018 rund 56 Prozent der Stuttgarter ihrem OB ein nur mäßiges Zeugnis ausgestellt und sich unzufrieden gezeigt mit ihrem Stadtoberhaupt. »Die Ergebnisse der Umfrage nehme ich sportlich«, hatte der Grünen-OB dies damals kommentiert. Seit seinem Amtsantritt habe er auch unpopuläre Themen angepackt.
Viele Projekte des Oberbürgermeisters sind zudem noch nicht abgeschlossen: Der Grünen-Politiker hatte bei seinem Amtsantritt den Wohnungsmangel in der Landeshauptstadt »zur Chefsache erklärt«, die Immobilien- und Mietpreise steigen aber in wenigen Städten so stark wie in Stuttgart. Er hatte das zurückgehende, aber nach wie vor deutliche Feinstaub- und Stickoxid-Problem in den Griff bekommen wollen. Außerdem muss der Neubau des Lindenmuseums mit seinen ethnografischen Sammlungen auf den Weg gebracht werden, über die milliardenschwere Opernhaus-Sanierung ist auch noch nicht entschieden. In die kommende Amtszeit würde auch der bislang geplante Abschluss des Bahn-Großprojekts Stuttgart 21 fallen.
Da Ministerpräsident Winfried Kretschmann 2021 eine dritte Amtszeit anpeilt, hätten die Grünen zudem mit Kuhn im Rathaus eine bundesweit wichtige Doppelspitze besetzt. Ein Wahlerfolg Kuhns wäre daher ein wichtiger Schub für den landesweiten Urnengang.
CDU und SPD haben sich bislang nicht zu eigenen Kandidaten im Rennen um das Rathaus geäußert. Einzig Marian Schreier, der SPD-Bürgermeister von Tengen im Kreis Konstanz, hat bereits als Bewerber seinen Hut in den Ring geworfen. Er kann aber derzeit nicht auf die Unterstützung des Kreisvorstands der SPD Stuttgart zählen.