Logo
Aktuell Land

Prozess um Verpackungssteuer: Urteil Mittwoch

Mit einer Verpackungssteuer will Tübingen gegen Müllberge vorgehen. Ob sie gegen Bundesrecht verstößt, soll vor Gericht entschieden werden. Der Oberbürgermeister argumentiert mit einem höchstrichterlichen Urteil.

Gericht verhandelt Streit um Tübinger Verpackungssteuer
Susanne Heppert, McDonald’s Franchisenehmerin, steht mit Ehemann Jörg (r) sowie den Anwälten Peter Bachmann (l) und Joachim Rung im Gericht. Foto: Uwe Anspach
Susanne Heppert, McDonald’s Franchisenehmerin, steht mit Ehemann Jörg (r) sowie den Anwälten Peter Bachmann (l) und Joachim Rung im Gericht.
Foto: Uwe Anspach

Seit Jahresanfang gilt in Tübingen wegen ausufernder Müllberge eine Verpackungssteuer auf Einweggeschirr und Coffee-to-go-Becher. Mit der Frage, ob diese Steuer gegen das Abfallrecht des Bundes verstößt, hat sich der Verwaltungsgerichtshof (VGH) am Dienstag in Mannheim beschäftigt. Die Stadt Kassel hatte im Jahr 1991 eine ähnliche Steuer erlassen, diese war aber im Jahr 1998 vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden, mit eben jener Begründung, sie verstoße gegen Bundesrecht.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne), der mit deutlicher Verspätung im Gericht auftauchte, weil er einen Zug verpasst hatte, sagte in Anspielung auf ein Urteil des höchsten deutschen Gerichts aus dem vergangenen Jahr: »Das Bundesverfassungsgericht hat der Politik ins Stammbuch geschrieben, zu wenig für den Umweltschutz zu tun. Hier geht es darum, ob eine Kommune mehr machen kann als die unzulänglichen Bemühungen des Staates.« Tübingen wolle, dass die Ressourcenverschwendung aufhöre.

Den Tenor der Entscheidung wollte das Gericht am Mittwochvormittag verkünden. Zu klären sei hauptsächlich die Frage, ob hier eine örtliche Verbrauchssteuer vorliege, sagte der Vorsitzende Richter. Solche Steuern könnten nur dann erhoben werden, wenn sie nicht gegen bundesrechtliche Regelungen verstoßen.

Gegen die Verpackungssteuer geklagt hatte die Inhaberin einer Tübinger Filiale von McDonalds. Begründung: Die Steuer stehe im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. In der Universitätsstadt sind seit Januar 50 Cent fällig für jeden Einweggetränkebehälter sowie für Einweggeschirr und -speiseverpackungen sowie 20 Cent für jedes Einwegbesteck-Set. Pro Einzelmahlzeit werden maximal 1,50 Euro kassiert. Die Steuern müssen die Verkaufsstellen zahlen, die in den Einwegverpackungen Speisen und Getränke für den sofortigen Verzehr oder zum Mitnehmen ausgeben. Etwa 440 Betriebe beteiligen sich.

Die Filialbetreiberin argumentierte, dass sie bereits Lizenzgebühren zahle für ihre Beteiligung am Dualen System. Die Verpackungssteuer führe zu einer zusätzlichen, erheblichen Belastung. Palmer meinte, das Duale System sei eine »Selbstbetrugsveranstaltung« und sei keine echte Verwertung.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) protestierte vor dem VGH gegen die Klage. Barbara Metz von der DUH-Bundesgeschäftsführung forderte die Klägerin auf, die Klage zurückzunehmen. »Wir glauben, dass die Verpackungssteuer Müll massiv reduzieren kann. Es ist erschreckend, dass McDonalds da nicht mitmacht«, sagte Metz. McDonalds verursache in Deutschland 51.000 Tonnen Müll pro Jahr. Dies seien 2200 Müllwagen. Die DUH überreichte der Klägerseite eine Petition mit rund 92.000 Unterschriften mit dem Ziel, die Klage zurückzuziehen.

Die DUH sieht die Tübinger Verpackungssteuer als Erfolgsmodell, das deutschlandweit Einzug halten sollte. Laut Palmer gab es in der Stadt eine zunehmende Vermüllung durch Einwegverpackungen. Seit Einführung der Steuer hätten die ausufernden Müllberge deutlich abgenommen.

© dpa-infocom, dpa:220329-99-715932/2