Zwei Polizisten der Reiterstaffel Mannheim haben Vorwürfe der Tierquälerei vor Gericht zurückgewiesen. Einer der Angeklagten rechtfertigte drei Schläge mit einer Gerte auf das Gesäß des Pferdes Corleone beispielsweise damit, er habe verhindern wollen, dass sich das Tier auf die Hinterbeine stelle. »Es waren keine gewaltvollen Schläge, aber eine Gerte hat nur Sinn, wenn sie einen entsprechenden Effekt hat«, sagte der 57-Jährige am Donnerstag am Amtsgericht Mannheim. Eine frühere Kollegin sagte als Zeugin indes aus, es habe ein rauer Ton geherrscht, Pferde und Menschen seien angebrüllt und Tiere mit Schlägen bestraft worden. »Die Pferde wurden nur als Spielzeug, aber nicht als Lebewesen behandelt. Die Zustände waren so nicht tragbar«, begründete sie ihre Anzeige.
Nach zwei Jahren habe sie die Reiterstaffel wieder verlassen, sagte die Frau. »Es hat mich letztlich meinen Kopf gekostet, aber ich will wieder in den Spiegel schauen können.« Ihre Ansichten für gewaltfreiere Dressuren seien von den erfahrenen Kollegen stets belächelt und ihre Kritik als die eines »hysterischen Pferdemädchens« abgetan worden.
Vorwürfe: Schläge, Klappersack und Pfefferpaste
Den zwei Beamten wird zur Last gelegt, in mehreren Fällen Dienstpferde in einem erheblichen Ausmaß unter anderem mit Schlägen und einem Klappersack voller Konserven gequält sowie eine Pfefferpaste am Futtertrog angebracht zu haben. Sie haben Schmerzen der Tiere laut der Staatsanwaltschaft billigend in Kauf genommen und somit gegen das Tierschutzgesetz verstoßen.
Der 57-Jährige verwies auf seine langjährige Erfahrung - er kenne Corleone »in- und auswendig«. Das Tier sei ein »Problempferd« und die bei dem Vorfall darauf sitzende Beamtin sei noch relativ unerfahren gewesen. Schon in Übungseinheiten zuvor habe sich das Wirbeltier auffällig nervös verhalten. Da unruhig war, habe er mit der Gerte »dreimal bei mittlerer Intensität« aufs Gesäß geschlagen.
Ein 40 Jahre alter Beamter wies die Vorwürfe gegen ihn ebenfalls zurück. Tatsächlich seien Klappersäcke ein »normales Arbeitsutensil«, um Pferde an Reize und Lärmpegel zu gewöhnen. Diese würden aber nie angebunden, sondern an einer Leine gezogen. Bei einem Vorfall aber habe sich die Schnur am Sattel verfangen. Eine Pfefferpaste habe er nie verwendet. Das Schlagen mit der Reitgerte auf die Hinterbeine eines Tieres sei eher Notwehr gewesen, um sicher aus der Box zu gelangen.
Strafbefehle nicht akzeptiert
Die beiden Polizisten sind seit Jahren bei der Reiterstaffel. Der Jüngere war nach eigenen Angaben früher auch im Vorstand eines Reitvereins aktiv. Die vorgeworfenen Fälle sollen sich in den Jahren 2019 bis 2021 ereignet haben. Vor Gericht verhandelt wird nur deshalb, weil die Zwei Einspruch gegen Strafbefehle eingelegt hatten.
Da eine Sachverständige an Corona erkrankt war, hatte das Mannheimer Amtsgericht kurz nach Beginn des Verfahrens im November die Verhandlung auf Ende Februar vertagt. Wegen der monatelangen Pause musste das Verfahren laut Gericht wieder neu begonnen werden. Sieben Zeugen sollen gehört werden. Weitere Termine sind für März geplant.
Disziplinarische Konsequenzen noch offen
Interne Konsequenzen bei der Polizei gab es bisher keine. Ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, soll nach Angaben des Präsidiums Einsatz erst nach Abschluss des Strafverfahrens geprüft werden.
Die Zahl der Beschäftigten und Tiere bei der Reiterstaffel in Mannheim schwankt den Angaben zufolge. Generell gebe es Bedarf an 15 vollqualifizierten Polizeipferden, 15 Polizeireitern und -reiterinnen sowie einer Leitung und 6 Menschen zur Betreuung der Tiere.
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