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Polizeigewerkschaft beklagt »gefährliche Entwicklung«

Ausbildungsabbrüche, Kündigungen und Ausfälle: Die Deutsche Polizeigewerkschaft klagt über einen großen Personalmangel bei der Polizei. Das Innenministerium sieht das etwas anders.

Ralf Kusterer
Ralf Kusterer, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Baden-Württemberg, gibt in der Zentrale der Gewerkschaft in Stuttgart ein Interview. Foto: Bernd Weißbrod/DPA
Ralf Kusterer, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Baden-Württemberg, gibt in der Zentrale der Gewerkschaft in Stuttgart ein Interview.
Foto: Bernd Weißbrod/DPA

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) warnt vor immer größer werdenden Personalproblemen in Baden-Württemberg. »Wir hatten im letzten Jahr erstmals die Situation, dass wir 150 Ausbildungsplätze nicht besetzen konnten«, sagte der Landesvorsitzende der DPolG, Ralf Kusterer, am Freitag. Noch nie seien so viele Stellen unbesetzt geblieben, es sei quasi ein »Negativ-Rekord«. Zudem habe die Zahl der Ausbildungsabbrüche bei mehr als 20 Prozent gelegen.

Die Polizei stellt zu mehreren Terminen im Jahr ein. Normalerweise versuche man, die unbesetzten Stellen aus dem Frühjahr im Herbst einzustellen. Diese Verschiebung sei im letzten Jahr nicht gelungen, so Kusterer.

Im bundesweiten Branchenvergleich schneidet die Polizei nach Angaben des Innenministeriums jedoch relativ gut ab. Berechnungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) für das Jahr 2022 zeigen, dass 30 Prozent der Auszubildenden ihre Ausbildung abgebrochen haben. Im Südwesten hingegen würde nur rund jeder siebte angehende Polizist die Ausbildung abbrechen.

Die Anzahl der Bewerbungen zeige zudem, dass die Polizei zu den attraktivsten Arbeitgebern im Land gehöre: Im vergangenen Jahr hätten sich 4400 Bewerberinnen und Bewerber auf 1340 Ausbildungs- und Studienplatzangebote gemeldet, so das Ministerium. Die Hochschule für Polizei in Baden-Württemberg teilte jedoch auf Anfrage mit, dass die Anzahl der Bewerbungen seit 2018 kontinuierlich sinke.

Das Innenministerium sieht die Gründe der Personalsituation in mehreren Bereichen. Neben dem demografischen Wandel gebe es einen Trend, nach dem Schüler und Schülerinnen länger auf der Schule bleiben würden.

Kusterer beklagt neben der Ausbildungslage auch die Zahl der Kündigungen von fertig ausgebildeten Polizisten. »Da ist es tatsächlich so, dass wir ein hohes Frustrationspotential haben bei den Kolleginnen und Kollegen«, so Kusterer. Dies sei unter anderem auf fehlende Wertschätzung und wenig Akzeptanz zurückzuführen.

Die Polizeigewerkschaft beklagt auch, dass immer weniger Polizeibeschäftigte einsetzbar seien aufgrund von Erkrankungen, Teilzeit oder Elternzeit. »Nach Berechnungen der Deutschen Polizeigewerkschaft fehlen der Polizei trotz erhöhter Einstellungen über 1000 Streifenwagenbesatzungen«, wie es in einer Mitteilung der Polizeigewerkschaft hieß. Dieses fehlende Personal im öffentlichen Dienst gefährde die Demokratie und führe zwangsläufig zu weniger Sicherheit. Dies sei eine »gefährliche Entwicklung«.

© dpa-infocom, dpa:240310-99-284286/3