Die Sparpläne des Bundes für den ländlichen Raum werden in Baden-Württemberg auf breiter Front abgelehnt. Agrarminister Peter Hauk (CDU) sieht durch die angekündigten Kürzungen der Fördermittel viele Projekte zum Klimaschutz gefährdet und vor allem Bauern und Waldbesitzer ausgebremst. Angesichts der geplanten Kürzungen durch die Ampelkoalition empfiehlt er seiner Partei auch, eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Erwägung zu ziehen. Voraussetzung sei aber, dass der grüne Koalitionspartner auf Landesebene an Bord sei.
Allerdings kritisieren auch die Südwest-Grünen den Rotstift, den ihr Parteifreund, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, bei der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes« (GAK) zur Hand nehmen will. Die Landkreise verweisen auf ihre bereits überlasteten Haushalte.
Die GAK ist laut Bundesagrarministerium das wichtigste nationale Förderinstrument, um die Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft zu unterstützen, ländliche Räume zu entwickeln und den Küsten- und Hochwasserschutz zu verbessern. Es wird in Artikel 91a des Grundgesetzes geregelt. Für das Jahr 2023 stehen rund 1,1 Milliarden Euro Bundesmittel für die GAK zur Verfügung, im Entwurf für 2024 werden nur noch Mittel von 840 Millionen Euro aufgeführt. Noch sind die Pläne aber nicht final beschlossen. Erst nach der parlamentarischen Sommerpause wird sich der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf befassen.
Baden-Württemberg droht nach Angaben Hauks ein Förderrückgang von bisher fast 100 auf 58 Millionen Euro jährlich, es würden also rund 40 Prozent der Mittel gestrichen. »Das ist natürlich erheblich. Das kann das Land nicht kompensieren«, sagte Hauk der Deutschen Presse-Agentur.
Die Kürzungen treffen nach seiner Einschätzung vor allem »kleinste Unternehmen der Grundversorgung im Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum«. Auch Landwirte, die den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zurückfahren oder Grünland bewirtschaften wollen, müssten neu planen. Betroffen sei auch die Initiative Tierwohl, die die Lebensqualität von Tieren der konventionellen Geflügel- und Schweinezucht fördern soll. »Der Landwirt, der investieren möchte, wird zu spüren bekommen, was der Bund da entschieden hat«, sagte Hauk. »Tierwohl-Ställe sind passé.«
Hauk sorgt sich ohne die Bundesmittel auch um die nachhaltige Waldwirtschaft und damit um die Wiederbewaldung der Wälder. »Vor allem im Wald stehen wir unter Zeitdruck, da können wir nicht warten«, sagte der Minister. »Nichts zu tun ist keine Alternative. Die Wälder müssen wiederbewaldet werden und ohne Anreize wird es nicht gehen.«
Ähnlich sieht es die Grünen-Fraktion im Landtag: »Wer sich jetzt auf den Weg macht, klimafeste und artenreiche Mischwälder aufzubauen, braucht Unterstützung«, sagte der waldpolitische Grünen-Sprecher Reinhold Pix. Die Fördermittel müssten stärker an den Waldumbau gebunden werden. Eine Kürzung der Mittel lehne die Fraktion aber ab.
Der Bundesregierung wirft Hauk vor, die eigenen Ziele zu torpedieren: »Sie redet von Klimawandel und zeitgleich werden Strategien zur Klimaanpassung nicht mehr finanziert.« Es sei »einfach scheinheilig, ständig Klimaschutz zu fordern und nicht zu tun«. Die Berliner Ankündigungen seien reine Worthülsen. »Unterm Strich sind die Kürzungen ein schwerer Schlag gegen den Klimaschutz«, sagte Hauk weiter.
Hauk kündigte an, gemeinsam mit den anderen Agrarministern der Union den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen und auch auf die anderen Parteien in der Ampelkoalition zugehen zu wollen. Bei der kommenden Konferenz der Agrarminister des Bundes und der Länder vom 20. bis 22. September in Kiel werde das Thema ebenfalls beraten. Das Land sei zudem im Gespräch mit Waldbesitzern und -verbänden. Hauk und sechs weitere CSU- und CDU-Agrarminister hatten in einem Schreiben an Özdemir die angedachten finanziellen Kürzungen abgelehnt.
Parteiübergreifend kommt massive Kritik an den Kürzungsplänen auch von kommunaler Seite. »Die Kürzungen geben Grund zur Sorge«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Alexis von Komorowski, der dpa. Der Staat habe die Verantwortung, gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. Diese Aufgabe und ihre Finanzierung werde kurzerhand an die Kommunen vor Ort durchgereicht. »Dass dies angesichts jetzt schon überstrapazierter kommunaler Haushalte in aller Regel nicht möglich sein wird, müsste auch dem Bund klar sein, wird von ihm aber billigend in Kauf genommen«, sagte von Komorowski. Hoffnungen auf einen Kompromiss macht er sich nicht: »Offensichtlich ist der Bund an dieser Stelle kompromisslos unterwegs.«
Auch der Bundes- und Landesbauernpräsident Joachim Rukwied warnte die Bundesregierung schon vor einem »Ausbluten der ländlichen Räume«. Die Kürzungen belasteten die ländliche Entwicklung. »Und sie widersprechen dem Koalitionsvertrag, in dem zugesagt wurde, die Mittel der Gemeinschaftsaufgaben jährlich dynamisch zu erhöhen«, sagte Rukwied. »Es ist ein Unding, dass nur die Gemeinschaftsaufgabe GAK so massive Kürzungen hinnehmen muss.« Er sieht nicht nur die ländliche Entwicklung betroffen, sondern auch den Ökolandbau und die angestrebte Verbesserung der biologischen Vielfalt.
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