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Organspendebereitschaft im Südwesten unterdurchschnittlich

Einstellungen und Praxis liegen beim Thema Organspenden auseinander. Von der generellen Wertschätzung einer Organspende bis zur Entscheidung, selbst nach dem Tod ein Herz, Niere oder Lunge zu spenden, ist es offenbar ein weiter Weg.

Organspenden
Ein Organspendeausweis, aufgenommen vor dem Modell eines menschlichen Torsos. Foto: Daniel Maurer/dpa/Archivbild
Ein Organspendeausweis, aufgenommen vor dem Modell eines menschlichen Torsos. Foto: Daniel Maurer/dpa/Archivbild

Stuttgart (dpa/lsw) - Die Zahl der Organspender in Baden-Württemberg ist im vergangenen Jahr rückläufig gewesen. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) vom Montag gab es im vergangenen Jahr 118 Spender, im Jahr davor waren es 126. Allerdings liegt der 2019er Wert noch weit über dem von 2017 mit 88. Auch die Zahl der gespendeten Organe verringerte sich 2019 auf 376 nach 418. Bundesweit blieb die Zahl der Spender mit 932 nahezu unverändert.

Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) bedauerte die Entwicklung im Südwesten. Diese sei paradox: »Die Organtransplantation genießt in der Bevölkerung grundsätzlich ein hohes Ansehen, aber viele Bürgerinnen und Bürger scheuen sich davor, für sich selbst eine individuelle Entscheidung pro oder contra Organspende zu treffen.« Diese Tendenz stützt auch eine Umfrage der Techniker Krankenkasse.

Im Vergleich der Bundesländer landete der Südwesten deutlich unter dem Schnitt von 11,2 Spendern auf eine Million Einwohner. Baden-Württemberg brachte es auf 10,6 Spender, während in den ostdeutschen Ländern Werte von fast 15 erreicht werden. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum schnitt das Land 2019 ebenfalls schlechter ab: 2018 hatte es mit 11,4 Spendern pro eine Million Einwohner knapp den Bundesschnitt (11,5) verfehlt.

Mit der aktuellen Spenderrate von 11,2 gehört Deutschland der DSO zufolge zu den internationalen Schlusslichtern. Deutschlandweit warten rund 9000 schwerkranke Menschen auf eine Transplantation. Die Wartezeit für eine Niere etwa beträgt im Schnitt acht Jahre.

In der Diskussion über neue gesetzliche Regelungen zur Entscheidung über die Organspende favorisiert die DSO eine doppelte Widerspruchslösung mit Einbeziehen der Angehörigen. Damit würde automatisch jeder als Spender gelten - sich aber zu Lebzeiten ausdrücklich dagegen aussprechen können. Bisher ist es genau umgekehrt: Organentnahmen sind nur bei einer ausdrücklichen Zustimmung erlaubt. Derzeit liegt laut DSO nur bei 15 Prozent der möglichen Organspender eine Willenserklärung vor. Bei der derzeitigen Lösung tragen meist die Angehörigen die Bürde der Entscheidung.

Auch Lucha sprach sich für diesen Weg aus. Mit der Widerspruchslösung bleibe es grundsätzlich immer noch jedem Patienten beziehungsweise seinen Angehörigen überlassen, eine Organentnahme auszuschließen. In anderen Ländern Europas, die bereits jetzt eine Widerspruchsregelung haben, sei die Zahl der Spender deutlich höher als in jenen mit Zustimmungsprinzip. Er verwies auf das Bündnis Organspende, das seit zehn Jahren versuche, möglichst viele Bürger zu ermutigen, sich mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen.

Im Widerspruch zu der zurückhaltenden Spendenbereitschaft ist die Einstellung der Baden-Württemberger dazu nach einer Umfrage der Techniker Krankenkasse besonders positiv: 86 Prozent der Baden-Württemberger stehen Organspenden demnach generell eher positiv gegenüber, das ist der zweithöchste Wert nach Nordrhein-Westfalen (90 Prozent). Und 41 (bundesweit: 40) Prozent der Baden-Württemberger besitzen einen Organspendeausweis. Von denen ohne Ausweis wäre jeder zweite bereit, nach dem Tod Organe zu spenden. Im Südwesten ist laut der Umfrage der Anteil der Befragten, die explizit in ihrem Ausweis eine Organspende ausschließen, mit nur einem Prozent am niedrigsten. Bundesweit sind es sieben Prozent, in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sogar 16 Prozent.

DSO