In der Debatte um die Stuttgarter Oper sieht die neue Wissenschaftsministerin Petra Olschowski keine Alternative zur umstrittenen milliardenschweren Sanierung. Sie plädiert aber für Sachlichkeit. »Im Moment gibt es noch nichts zu bezahlen und alle Aussagen über höhere Kostensteigerungen als bisher schon eingeplant, beruhen auf Schätzungen und nicht auf verlässlichen Zahlen«, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. »Wie die Situation in zwei Jahren ist, wenn wir tatsächlich loslegen, können wir im Moment schwer absehen. Auch deswegen finde ich es schwierig, zum jetzigen Zeitpunkt über die Höhe eventueller Mehrkosten zu spekulieren.«
Allerdings verteidigte sie auch die vom Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater geprüften Angaben zum Flächenbedarf. »Wir haben die Schmerzgrenze erreicht und in den letzten Jahren die Bedarfe erheblich reduziert«, sagte Olschowski. Die aktuellen Planungen zur räumlichen Ausstattung bei der Sanierung und Erweiterung der Oper beruhten fast ausschließlich auf rechtlichen Vorgaben und zwingenden betrieblichen Belangen. »Weniger macht dann auch keinen Sinn mehr.«
Das über 100 Jahre alte Opernhaus im Stuttgarter Schlossgarten muss generalsaniert werden, es platzt zudem aus allen Nähten. Unter anderem soll eine moderne sogenannte Kreuzbühne schnellere und einfachere Bühnenbildwechsel möglich machen. Außerdem wird mehr Platz zum Beispiel für Proberäume benötigt, das Dach aus dem Jahr 1911 ist marode, die Bühnentechnik veraltet und die Gastronomie nicht mehr zeitgemäß.
Eine gemeinsame Projektgesellschaft der Stadt Stuttgart und des Landes soll ab dem 1. Januar 2023 das Gesamtprojekt planen und umsetzen. Die Kosten für das Projekt wollen sich Land und Stadt teilen. Ob der bisherige Kostenrahmen von über einer Milliarde Euro zu halten ist, wird aber stark infrage gestellt. Auch der Landesrechnungshof hatte gefordert, die Planung müsse angesichts der Krise überprüft werden. Die CDU-Fraktion pocht darauf, günstigere Alternativen nicht aus dem Blick zu verlieren.
»Eine Milliarde Euro ist eine Menge Geld - wenn es auch über zehn Jahre gerechnet ist, also 100 Millionen Euro pro Jahr, die sich die beiden Partner teilen«, räumt auch Olschowski ein. Das Gebäude sei mit Blick auf die Identifikation mit Stadt und Land aber »vielleicht sogar markanter als der Landtag«. »Es geht darum, ein Kulturdenkmal zu erhalten, das zwar den Krieg überstanden hat, das jetzt aber ohne eine Sanierung nicht mehr überstehen wird«, so Olschowski. »Ein großes Haus auch, in dem das Stuttgarter Ballettwunder entstanden ist, in dem die weltweit berühmte Oper zu Hause ist und in dem rund 1400 Menschen arbeiten.« Werde nicht saniert, müsse das Haus schließen, zeigte sich die Ministerin überzeugt. Sie halte daher eine mögliche Entscheidung gegen das Projekt für falsch.
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