Die geplante Verwertungsanlage für schwach radioaktiv belasteten Schrott am Standort des elsässischen Atomkraftwerks Fessenheim löst inzwischen offene Kritik der baden-württembergischen Landesregierung aus. Es gebe für die Regierung mehrere Gründe, »die gegen eine Ansiedlung einer solchen Anlage in Fessenheim sprechen«. Das teilte Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) im Zuge einer Öffentlichkeitsbeteiligung zum geplanten Abbau der ostfranzösischen Atomanlage mit, wie aus einem Onlineregister hervorgeht. Die Frist für Antworten endete nach gut einem Monat in der Nacht zum Mittwoch.
Das Atomkraftwerk Fessenheim südöstlich von Colmar unweit der Grenze zu Deutschland wurde 2020 nach 42 Betriebsjahren stillgelegt. An der Alt-Anlage hatte es wegen befürchteter Sicherheitsrisiken jahrelang Kritik aus Deutschland gegeben.
Der französische Energiegigant EDF will die Verwertungsanlage (Technocentre) auf einem bisher ungenutzten Fessenheimer Areal 2031 in Betrieb nehmen. Das Projekt wird auf beiden Seiten des Rheins von Umweltschützern kritisiert, denn sie befürchten Radioaktivität in wiederverwerteten Metallen. Die Linie der Landesregierung lautete nach früheren Angaben, dass sie die Pläne »bedauert«.
Das Land werde sich separat äußern, falls eine Genehmigung des Technocentres in Frankreich anstehe, kündigte Walker nun in der Stellungnahme für den Abbau des Kernkraftwerks an. Entschieden über die Verwertungsanlage wird aber letztlich in Frankreich.
Der sogenannte Rückbau des Atomkraftwerks soll nach früheren Angaben voraussichtlich 2026 beginnen. Dafür ist noch ein Stilllegungsdekret der französischen Regierung nötig. Die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingebrachten Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgern von beiden Seiten des Rheins wie auch die Stellungnahmen von Behörden sollen in dem Verfahren berücksichtigt werden, wie das Ministerium mitgeteilt hatte.
Der Abbau von Fessenheim dürfte keine größeren Auswirkungen auf Deutschland haben, berichtete das Stuttgarter Ministerium. Störfälle oder Vorkommnisse mit grenzüberschreitenden Auswirkungen seien zwar nicht zu erwarten, könnten aber nicht ausgeschlossen werden. Die Radioaktivität müsse engmaschig überwacht werden, lautet eine Forderung aus der Landeshauptstadt.
Onlineregister Öffentlichkeitsbeteiligung (Frz./Dt.)
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