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Nur jeder Zweite auch ein Baden-Württemberger

Der Knatsch zwischen Baden und dem Rest des Bindestrich-Bundeslandes mag den einen oder die andere zwar ein wenig amüsieren. Dennoch zeigt er ein Problem auf: Auch zum 70. Geburtstag des Bundeslandes ist es für viele nicht weit her mit der Verbundenheit für alle Landesteile.

Fast genau 70 Jahre nach seiner Gründung fühlt sich laut einer Umfrage nur jeder zweite Mensch in Baden-Württemberg dem Bundesland als Ganzes verbunden. Sieht sich die Hälfte der Bevölkerung (51 Prozent) am ehesten als Baden-Württemberger, so fühlt sich ein Viertel (24 Prozent) als Badener und ein knappes Fünftel (18 Prozent) als Württemberger, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des Südwestrundfunks (SWR) ergeben hat. Sie wurde am Donnerstag veröffentlicht.

Dabei zeigt sich überraschenderweise auch: Je älter die Befragten waren, desto mehr von ihnen haben ihre Sympathie für das Land als Ganzes gezeigt. Fühlen sich laut Umfrage bei den über 65-Jährigen 57 Prozent der Menschen eher als Baden-Württemberger, so nimmt dieser Wert stufenweise ab. Nur noch 43 Prozent zwischen 18 und 34 beantworten die Frage nach der Zugehörigkeit so.

Unterschiede gibt es auch beim Blick auf die Landkarte: In den Regierungsbezirken Tübingen (64 Prozent) und Stuttgart (58 Prozent) überwiegt der Erhebung zufolge die Verbundenheit mit Baden-Württemberg. Im nordbadischen Regierungsbezirk Karlsruhe und im Regierungsbezirk Freiburg in Südbaden fällt die Identifikation mit Baden hingegen höher aus: Dort fühlen sich 44 sowie 46 Prozent eher als Badener, jeweils 40 Prozent als Baden-Württemberger.

Besonders ausgeprägt ist das Gefühl für Baden-Württemberg als Ganzes bei Parteianhängern der Grünen (61 Prozent), am geringsten ist es bei den Menschen, die der AfD nahe stehen (36 Prozent). Auffallend auch: In Großstädten ab einer Einwohnerzahl von 100.000 schlägt das Herz am ehesten für das Land (62 Prozent), in kleineren Kommunen mit bis zu 20.000 Einwohnern dagegen nur bei 45 Prozent der Menschen.

Fast einig sind sich die Menschen dagegen bei dem einem oder anderen Charakterzug des Landes: Nahezu geschlossen (93 Prozent) bewerten sie ihr Land als wirtschaftlich erfolgreich; das Bundesland wird laut der repräsentativen Umfrage auch als traditionsverbunden (86 Prozent), als weltoffen (80 Prozent) und modern (72 Prozent) gesehen.

Mehr als die Hälfte der befragten Menschen (57 Prozent) bezeichnet Baden-Württemberg demnach aber auch als provinziell. Dass viele zwischen Mannheim, Ulm und dem Bodensee Dialekt sprechen, wirkt auf die Menschen im Land eher sympathisch (82 Prozent) als provinziell (15 Prozent), wie sich zudem aus der Umfrage ergibt.

Vielleicht liegt es an der seit Jahrzehnten schwelenden Identitätsdebatte, aber auch die neue Imagekampagne der Landesregierung für Baden-Württemberg fällt bei den meisten Menschen im Südwesten laut Umfrage durch. Unter dem Slogan »The Länd« soll die quietschgelbe Sympathieoffensive auf die Vorzüge des Landes als Wirtschaftsstandort mit hoher Lebensqualität aufmerksam machen und vor allem Fachkräfte aus dem Ausland anlocken. Fast drei von vier Befragten (71 Prozent) kennt die Kampagne, aber von ihnen sehen sie zwei Drittel (66 Prozent) eher oder sehr negativ.

In den vergangenen Tagen hatte ein Streit um eine Tagung zum Landesjubiläum die Debatte um die Identität in Baden-Württemberg neu entfacht. Zu der Tagung am 27. April in Stuttgart hatten der Landtag, die Landeszentrale für politische Bildung und der Schwäbische Heimatbund geladen - es sind aber keine badischen Organisationen beteiligt. Daraufhin zeigten sich die Badener erzürnt. Der Landtag unterscheidet in Reaktionen streng zwischen dieser Veranstaltung und dem offiziellen Festakt am 4. Mai, zu dem auch Badener auf der Bühne erwartet werden.

Hintergrund des jahrzehntealten Disputs ist die Gründung Baden-Württembergs vor 70 Jahren: Die damaligen Ministerpräsidenten von Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern wollten einen großen Südweststaat, um vor allem im wirtschaftlichen Wettbewerb der Bundesländer mithalten zu können. Der badische Staatspräsident hingegen wollte seine Heimat vor zu viel schwäbischem Einfluss beschützen.

Vor einer Volksabstimmung stimmte der Bundestag allerdings einem Gesetz von 13 CDU-Abgeordneten aus Württemberg unter der Führung des späteren Bundeskanzlers Kurt Georg Kiesinger zu, wonach der Südwesten in vier Abstimmungsbezirke unterteilt wurde und zur Gründung eines Südweststaats die mehrheitliche Zustimmung in drei dieser Bezirke reichte. Das gelang - und die Badener fühlten sich ausgetrickst.

Nach einer Volksabstimmung im Dezember 1951 erklärte der gerade gewählte Ministerpräsident Reinhold Maier am 25. April 1952 die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern für vereinigt. Am 19. November 1953 trat die Verfassung in Kraft.

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