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Naturschützer wollen Gesetz gegen Flächenverbrauch

Bis zum Jahr 2035 sollen in Baden-Württemberg keine zusätzlichen Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke in Anspruch genommen werden. Das hat sich das Land zum Ziel gesetzt. Weit gefehlt, warnen die Naturschutzverbände. Es werde sogar schlimmer als zuvor.

Verkehr
Fahrzeuge stehen im Stau. Foto: Stefan Sauer
Fahrzeuge stehen im Stau.
Foto: Stefan Sauer

Aus Sicht der Naturschützer scheitert Baden-Württemberg deutlich mit dem Ziel einer Netto-Null beim Flächenverbrauch, wenn die Politik nicht umgehend umsteuert. Die Landesregierung wolle zwar, dass von 2035 an keine zusätzlichen Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke in Anspruch genommen werden dürfen. »Aber bislang sind bis auf eine Diskussionsveranstaltung noch keine ernsthaften Schritte der Landesregierung erkennbar, um die Netto-Null bis 2035 zu erreichen«, kritisierten der Naturschutzbund (NABU) Deutschland und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) am Donnerstag zum Auftakt der 46. Naturschutztage in Radolfzell. Im Gegenteil: Baden-Württemberg werde stärker versiegelt als zuvor.

Die beiden Verbände erklärten 2023 zum »Jahr des Flächenverbrauchs« und forderten, das Ziel beim Flächenverbrauch im Landesplanungsgesetz gesetzlich festlegen zu lassen. Der tägliche Flächenverbrauch lag nach Angaben des Statistischen Landesamtes im Jahr 2021 mit 6,2 Hektar pro Tag noch über dem landespolitischen Ziel von unter 3 Hektar pro Tag - das sind acht Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor.

Auch der Schutz der Streuobstwiesen sei mangelhaft, hieß es. »Aber die Genehmigung von Rodungen durch die Landratsämter ist die Regel und nicht die gesetzlich gewünschte Ausnahme«, kritisierte der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. Allein im Zeitraum von März 2021 bis Februar 2022 seien 54 Rodungsanträge für eine Gesamtfläche von mehr als 30 Hektar gestellt worden, von denen nur zwei abgelehnt worden seien. »Meistens werden Straßen gebaut, die neuen Verkehr verursachen, sowie Gewerbegebiete und Einfamilienhäuser«, sagte die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch (BUND). »Für viele Kommunen scheint es offenbar einfacher, auf der grünen Wiese zu planen, als im Innenbereich der Siedlungen nachzuverdichten.«

Landesregierung und Verwaltung müssten die Versiegelung bremsen und Flächen wie Streuobstwiesen schützen, fordern die Verbände. Mittlerweile seien 527.954 Hektar oder 14,8 Prozent des Landes mit Häusern, Parkplätzen oder Straßen bedeckt. Im Jahr 2000 waren es noch 13,2 Prozent. »Seit 1970 hat die Bevölkerung in Baden-Württemberg um 24 Prozent zugenommen, die Siedlungsfläche aber um 100 Prozent«, kritisierte Enssle. »Zwei Generationen haben so viel neue Siedlungsfläche konsumiert wie 80 Generationen vor ihnen seit Beginn unserer Zeitrechnung.« Dabei seien unter anderem Streuobstwiesen bedeutend für Artenvielfalt und Klimaschutz.

Seit den 1970er Jahren treffen sich Menschen bei den Naturschutztagen am Bodensee. In diesem Jahr dauern sie bis zum kommenden Sonntag (8. Januar).

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© dpa-infocom, dpa:230105-99-114472/4