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Naturkundemuseum digital und offen: Chef hat viele Pläne

Formate für Bürger, gezielte Ansprache von Laienwissenschaftlern, Digitalisierung und Fokus auf Forschung. Der neue Leiter des Naturkundemuseums hat so einiges vor - darunter sind auch wahre Mammutaufgaben.

Naturkundemuseum-Chef Husemann hat viele Pläne
Martin Husemann aufgenommen in dem Museum mit einem Sammlungskasten in dem präparierte Insekten zu sehen sind. Foto: Uli Deck/DPA
Martin Husemann aufgenommen in dem Museum mit einem Sammlungskasten in dem präparierte Insekten zu sehen sind.
Foto: Uli Deck/DPA

Mit offenem Visier nach allen Seiten will der neue Leiter des Naturkundemuseums Karlsruhe, Martin Husemann, sein Haus für die Bürger viel transparenter und die Sammlungen für die Forschung zugänglicher machen. Bundesweit betrachtet gehöre es zu den wichtigsten Naturkundemuseen mit sehr bedeutenden Sammlungen - »es ist aber relativ unbekannt«, sagte der 40-Jährige. Es gebe dort wahnsinnig viel tolles und spannendes Material, das aber teilweise noch gänzlich unbearbeitet sei, erfasst und digitalisiert werden müsse.

In vielen Bereichen sei gar nicht so klar, was sich überhaupt an Schätzen in den Asservatenkammern des Museums befinde. Der Insektenexperte Husemann, seit Anfang September im Amt, will das ändern und erreichen, dass es beispielsweise viel öfter möglich wird, auch aus der Ferne und dem Ausland digital Zugriff auf Objekte zu haben. Die Generation von Sammlern naturkundlicher Objekte sterbe langsam aus - Husemanns Worten zufolge gehen daher momentan viele Sammlungen an Museen. »Das ist super, aber das Material soll ja auch zugänglich und für die Wissenschaft nutzbar gemacht werden.«

Sammlungen böten schier unendliches Erkenntnispotenzial. Über neue Analysemethoden könne man heute mehr denn je bisher unbekannte Dinge herausfinden etwa zu den Lebensumständen ausgestorbener Arten. »Gerade durch den Schwund der Biodiversität bekommen diese Sammlungen eine große Bedeutung.«

Um möglichst viel Wissen zu sammeln, will Husemann mehr mit Ehrenamtlichen und Laienwissenschaftlern ins Gespräch kommen und sie stärker in die Museumsarbeit mit einbinden. Als sehr hilfreich bezeichnete er die Landesinitiative »Integrative Taxonomie«, die sich der Erfassung von Tier- und Pflanzenarten widmet. Vorstellbar seien auch Aktionen wie »Bioblitz«, die in anderen Bundesländern schon stattfinden. Dabei werden innerhalb eines bestimmten Gebietes und Zeitfensters so viele Arten wie möglich über eine App gemeldet.

Auch der Provenienzforschung, also Herkunftsforschung, will Husemann sich widmen. Es müsse sichergestellt sein, dass das, was sich im Haus befinde, legal erworben worden sei, sagte er. Zuletzt und noch vor seinem Amtsantritt hatten die Vorgänge rund um ein Dino-Fossil Schlagzeilen gemacht. Das einst wohl unrechtmäßig von Brasilien nach Deutschland gebrachte und später im Naturkundemuseum gelandete Fossil war im Juni zurückgegeben worden.

Beide staatlichen Naturkundemuseen im Land seien gebeten, »die Bestände systematisch mit Blick auf die Herkunft und mögliche Rückgabeansprüche zu sichten«, bekräftigte ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums. Auch bei Schenkungen oder beim Ankauf von Objekten müsse die Herkunft gesichert und eine spätere Rückgabe damit ausgeschlossen werden. In Karlsruhe seien nach aktuellem Stand keine problematischen Fälle erkennbar.

Das Naturkundemuseum gehört zu den ältesten wissenschaftlich geführten Naturkundemuseen Deutschlands. In Dauerausstellungen werden auf rund 5000 Quadratmetern einheimische und exotische Tiere in ihren jeweiligen Lebensräumen gezeigt. Im vergangenen Jahr verzeichnete das Museum über 180.000 Besucher. Allein in den ersten Monaten diesen Jahres seien es schon mehr als 120.000 gewesen, sagte eine Museumssprecherin.

Naturkundemuseum

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