Der Messerangriff in der Stuttgarter EM-Fanzone mit drei Verletzten hat der Debatte um solche Attacken durch Ausländer einen neuen Schub verliehen. Aus Sicht des baden-württembergischen CDU-Landesvorsitzenden Manuel Hagel muss die Politik Konsequenzen aus der steigenden Zahl von Angriffen mit Stichwaffen ziehen und die illegale Zuwanderung nach Deutschland begrenzen. »Es ist an der Zeit, dass wir uns entlang der Fakten und ohne Schaum vor dem Mund ein paar unangenehmen Wahrheiten stellen«, sagte Hagel am Freitag.
Grund für die steigende Zahl von Messerattacken sei eine aus Sicht der CDU mangelhafte Integration. »Wir sind dabei, das System zu überfordern. Integration wird nur gelingen, wenn wir die illegale Zuwanderung begrenzen.« Am Donnerstagabend hatte Hagel dies bereits in der SWR-Sendung »Zur Sache Baden-Württemberg« gefordert.
Ein 25 Jahre alter Mann soll am Mittwochabend während des Public Viewing des Fußball-EM-Spiels Türkei gegen Tschechien einen Deutschen und zwei Türken mit einem Messer schwer verletzt haben. Der mutmaßliche Täter hat nach Polizeiangaben einen syrischen Pass und sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft.
Nach der Kriminalstatistik der Polizei ist die Zahl der Messerattacken von 2727 Fällen im Jahr 2022 auf 3104 Fälle im vergangenen Jahr gestiegen. Deutlich zugelegt hat im selben Zeitraum der Anteil der Tatverdächtigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit von 1333 auf 1612 - das sind mehr als 55 Prozent aller Tatverdächtigen. Rund 41 Prozent der ausländischen Tatverdächtigen sind jünger als 21 Jahre alt.
Aus Sicht von Hagel kommen zu viele Menschen aus dem Ausland nach Baden-Württemberg, die nicht »grundgesetzfähig und auch nicht grundgesetzwillig« seien. Sie hätten keinen Respekt vor staatlichen Organen, Lehrkräften oder Polizeibeamtinnen und - Beamten. »Wenn meine Frau im Staatstheater wäre und sie würde auf den Bahnhof laufen, in Stuttgart über den Schlossplatz, würde ich meiner Frau sagen: Franzi, nimms Taxi«, sagte Hagel, dessen Partei mit den Grünen in Baden-Württemberg regiert.
Der Züricher Kriminologe Dirk Baier widerspricht dem CDU-Politiker. Kriminalität habe nichts mit Herkunft zu tun, sagte er in der SWR-Sendung. »Es hat was mit Lebensumständen zu tun«, sagte Baier. Viele junge Menschen mit ausländischen Wurzeln hätten wegen fehlender Ausbildung schlechtere berufliche Perspektiven.
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg zeigt sich empört: »Undifferenzierte Betrachtungen der Kriminalstatistik befeuern ungerechtfertigt Vorurteile gegenüber Geflüchteten und Migrantinnen und Migranten«, kritisierte der Verband. Wissenschaftler seien sich einig, dass vor allem Armut und mangelhafte Bildungsteilhabe kriminalitätsfördernde Umstände seien und nicht die Herkunft.
© dpa-infocom, dpa:240628-99-564074/3