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Nach Übergriffen: Mehr Zugpersonal erhält Bodycams

Tätliche Angriffe auf Bahnmitarbeiter sind keine Seltenheit - deswegen tragen Zugbegleiter im Regionalverkehr teilweise schon Bodycams. In Zügen ist dies künftig häufiger der Fall.

Stuttgart (dpa/lsw) - Wegen anhaltender Gewalt gegen Bahnmitarbeiter stattet die Deutsche Bahn auch in Baden-Württemberg immer mehr Zugpersonal mit Bodycams aus. Seit Februar 2023 bereits tragen Bahn-Mitarbeiter Körperkameras auf der Schwarzwaldbahn (Karlsruhe–Konstanz) im Rahmen eines Pilotprojekts. Auch auf der Gäu- und Murrbahn wird in bestimmten Fällen laut Bahn aufgezeichnet. Weil die Bewertung dort positiv ausfiel, wird der Einsatz in weiteren Netzen der DB Regio in Baden-Württemberg noch in diesem Jahr folgen, in denen es bis lang keine Videoüberwachung in den Fahrzeugen gibt. Das teilte das Verkehrsministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der AfD-Fraktion mit. 

Mitarbeitende mit Bodycams sowie Sicherheitskräfte mit Schutzhunden wurden laut Bahn kaum angegriffen.»Allein die Präsenz der Bodycam hat nach Angaben der am Test Beteiligten zahlreiche kritische Situationen verhindert. Die Geräte werden ab 2024 bundesweit im Regelbetrieb eingeführt, zunächst auf freiwilliger Basis.«

 

Bodycams
Wegen zunehmenden Beleidigungen und Übergriffen auf Zugpersonal werden Mitarbeiter mit mehr Bodycams ausgestattet Foto: Matthias Bein/DPA
Wegen zunehmenden Beleidigungen und Übergriffen auf Zugpersonal werden Mitarbeiter mit mehr Bodycams ausgestattet
Foto: Matthias Bein/DPA

Wie funktionieren Bodycams?

Bodycams sind Videokameras, die am Körper getragen und beispielsweise eingeschaltet werden, wenn es zu Auseinandersetzungen kommt. Anhand der Aufnahmen können Täter dann mitunter leichter identifiziert werden. Die Kameras kommen auch bei der Polizei zum Einsatz. Das Tragen von Bodycams muss begründet sein, damit die Datenschutzgrundverordnung eingehalten wird. Ohne Bedarf darf die Bodycam nicht eingeschaltet werden. 

Die Bodycam wird laut Bahn ausschließlich in kritischen und eskalierenden Situationen und erst nach ausdrücklichem Hinweis aktiviert. Die Aufzeichnungen und die daraus gewonnen Daten können nur von der Bundespolizei ausgelesen, gesichert und verwendet werden. Aufgezeichneten Menschen beziehungsweise von der Aufzeichnung unmittelbar Betroffenen wird nach dem Ereignis ein Infokärtchen ausgehändigt, welches sie über ihre Rechte und Ansprechpartner informiert. Das Videomaterial wird 72 Stunden gespeichert.

Welche sind die neuen Strecken?

Zu den neuen Strecken in Baden-Württemberg zählen das Netz 2 Stuttgart–Ulm–Bodensee und das Netz 5 Donau Ostalb. Zudem werde der Einsatz von Bodycams bei DB Regio bundesweit auf geeigneten Linien eingeführt, ließ das Verkehrsministerium wissen. Die Einsatzmöglichkeit bei grenzüberschreitenden Verkehren in die Schweiz befinde sich noch in der Abstimmung. Außerdem sollten weitere Eisenbahnverkehrsunternehmen in Baden-Württemberg den Einsatz von Bodycams in ihren Zügen prüfen. 

Solche Kameras werden laut der Landtagsanfrage seit dem 1. Juni 2024 auch im gesamten Netz der S-Bahn Rhein-Neckar eingesetzt. Bodycams wurden laut derselben Quelle auch im Netz 11 der DB Regio-Tochter Westfrankenbahn in der Vergangenheit testweise eingesetzt. 

Seit Juni sind laut Bahn zum ersten Mal auch in Hessen und in Nordrhein-Westfalen Kundenbetreuer im Nahverkehr mit Bodycams unterwegs. Die S-Bahn Hannover plant ein Pilotprojekt zum Einsatz von Bodycams bei Zugbegleitern. Das Projekt solle von diesem Sommer bis zum Jahresende andauern, hatte eine Transdev-Sprecherin im April mitgeteilt. Transdev bedient die Strecken der S-Bahn in Hannover. Zunächst soll mit einer geringeren Anzahl an Bodycams gestartet werden. 

Übergriffe gegen Bahn-Mitarbeiter nehmen zu 

Mitarbeiter von Bahnunternehmen sehen sich laut einer Umfrage vielfach Gewalt und Beschimpfungen ausgesetzt. 64 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten Gewalt oder Anfeindungen erlitten zu haben, wie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Anfang Mai mitteilte. 38 Prozent beklagten, sie seien mehrfach im Monat beschimpft worden. Mehr als jeder Dritte fühlt sich der Umfrage zufolge bei der Arbeit unsicher. 

In der Online-Umfrage der EVG äußerten sich im Februar demnach knapp 4000 Zugbegleiter, Servicekräfte im Bahnhof und Hotline-Mitarbeiter zu ihren Gewalterfahrungen. Die Deutsche Bahn verzeichnete nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 3144 Übergriffe auf ihre Beschäftigten. Im Jahr zuvor waren es demnach 3161 Vorfälle. Knapp zwei Drittel der Angriffe betrafen den Angaben zufolge das Zugpersonal im Regionalverkehr. 

Bahn bittet um mehr Respekt für ihre Mitarbeiter 

Seit kurzem wirbt die DB für mehr Respekt und Sicherheit für ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Im Zuge der Initiative »#mehrAchtung« des Bundesverkehrsministeriums und des Deutschen Verkehrssicherheitsrats will die Bahn das Verkehrsklima verbessern und die Sicherheit im Verkehrssektor erhöhen. Die Teilnahme der DB an dem Sicherheitsbündnis sei auch eine Konsequenz aus einer zunehmenden Zahl an verbalen und tätlichen Angriffen auf Mitarbeiter in Bahnhöfen und Zügen

 

© dpa-infocom, dpa:240701-930-159916/1