Freiburg (dpa/lsw) - Nach dem jahrelangen Missbrauch eines Kindes in Staufen bei Freiburg prüft die Staatsanwaltschaft die Arbeit von Jugendamt und Justiz in dem Fall. Es seien knapp 15 Strafanzeigen von Bürgern eingegangen, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde in Freiburg der Deutschen Presse-Agentur. Sie richteten sich gegen Verantwortliche des Jugendamtes und Richter an den zwei beteiligten Gerichten. Diese hatten im Frühjahr 2017 entschieden, dass der heute neun Jahre alte Junge bei seiner Familie bleiben soll - obwohl es Anzeichen für eine Gefährdung des Kindes gab. Hinweise auf die Vergewaltigungsserie, die den Angaben zufolge von Anfang 2015 bis Herbst 2017 dauerte, hatten die Beteiligten demnach damals nicht.
Der Junge wurde den Ermittlungen zufolge von seiner Mutter (48) und deren Lebensgefährten (39) im Darknet angeboten und Männern aus dem In- und Ausland für Vergewaltigungen überlassen. Dafür habe das Paar Geld kassiert. Der Lebensgefährte ist laut Landgericht Freiburg wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestraft. Er durfte sich Kindern nicht nähern und stand unter so genannter Führungsaufsicht. Dennoch lebte er den Angaben zufolge bei der Frau und ihrem Kind.
Jugendamt und Justiz wird vorgeworfen, den Jungen nicht geschützt zu haben. Dieser ist inzwischen bei einer Pflegefamilie.
Konkrete Hinweise auf strafrechtlich relevante Versäumnisse von Behörden und Gerichten habe die Staatsanwaltschaft bislang nicht, sagte der Sprecher. Es werde jedoch weiter ermittelt. Zudem werde das Ende aller Strafprozesse in dem Fall abgewartet. Aus den Prozessen könnten sich neue Erkenntnisse ergeben. Strafanzeigen von Bürgern seien in solchen Fällen, die derart in der Öffentlichkeit stehen, nicht ungewöhnlich, sagte der Sprecher weiter.
Der am vergangenen Montag begonnene Prozess gegen die Mutter und den Lebensgefährten wird an diesem Montag fortgesetzt. Der Lebensgefährte hat die Taten gestanden, die Mutter hat bislang geschwiegen. Sie hat angekündigt, sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit äußern zu wollen. Ein Urteil in dem Prozess wird es Gerichtsangaben zufolge frühestens Mitte Juli geben (Az.: 6 KLs 160 Js 30250/17).
In dem Fall gibt es insgesamt acht mutmaßliche Täter. Die Mutter und ihr Lebensgefährte, beide Deutsche, sind die Hauptbeschuldigten.
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