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Missbrauchsbericht: Bilder von Zollitsch und Saier abgehängt

Die Studie über sexuellen Missbrauch erschüttert das Freiburger Erzbistum. Erzbischof Burger bricht mit uralten Traditionen - und lässt die Bilder seiner Vorgänger entfernen. Was folgt noch?

Protest
Ein Mann hält vor der Katholischen Akademie ein Schild mit der Aufschrift »Zum Teufel mit Bischöfen, die Missbrauch vertuschen!«. Foto: Silas Stein
Ein Mann hält vor der Katholischen Akademie ein Schild mit der Aufschrift »Zum Teufel mit Bischöfen, die Missbrauch vertuschen!«.
Foto: Silas Stein

Der Freiburger Bericht über sexuellen Missbrauch durch Geistliche hat am Sitz von Erzbischof Stephan Burger zu sichtbaren Konsequenzen geführt: Die Porträts seiner Amtsvorgänger Robert Zollitsch (84) und Oskar Saier wurden abgehängt. Das habe die Bistumsleitung am Donnerstag entschieden, sagte ein Sprecher der Erzdiözese in Freiburg. Mit diesem Schritt erhoffe man sich eine »Signalwirkung«. Der Betroffenenbeirat des Erzbistums hatte ein solches Vorgehen gefordert. Das unabhängige Gremium unterstützt Betroffene.

Nicht nur die Bilder von Zollitisch und Saier fehlen nun. Auch die Porträts aller Amtsinhaber seit dem 19. Jahrhundert sind demnach nicht mehr zu sehen. Die Form der Präsentation sei nicht mehr zeitgemäß, hieß es. Das große Erzbistum mit rund 1,8 Millionen Katholiken ist relativ jung - es wurde 1821 gegründet.

Aus dem Dienstag veröffentlichten Missbrauchsbericht geht hervor, dass Zollitsch' Amtszeit bis 2013 durch »konkretes Vertuschungsverhalten« geprägt war. Der hohe Geistliche hatte eine herausgehobene Rolle, denn er war von Februar 2008 bis März 2014 auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.

Die Autoren der unabhängigen Studie bewerten auch das Verhalten von Zollitsch' Amtsvorgänger Saier äußerst kritisch. Dieser amtierte von 1978 bis 2002. Wie beispielsweise mit der Bezeichnung des von der Caritas geführten Oskar-Saier-Hauses im Schwarzwaldort Kirchzarten umgegangen werde, müsse noch entschieden werden, sagte der Sprecher der Erzdiözese. Saier war nach seinem Tod 2008 in der Freiburger Bischofsgruft bestattet worden. Erwartet wird dem Vernehmen nach auch eine Debatte, ob seine sterblichen Überreste dort verbleiben sollen.

Ein Autor des Berichts hatte gesagt, Zollitsch habe als damaliger Erzbischof alles unterlassen, was kirchenrechtlich vorgeschrieben gewesen wäre. Eigentlich verpflichtende Meldungen von Missbrauchsfällen nach Rom seien unterblieben. Der 84-Jährige hatte im Oktober in einem Video schwerwiegende Fehler und persönliche Schuld eingeräumt. Schon vor der Veröffentlichung hatte Zollitsch über einen Sprecher angekündigt, sich nicht zu dem Abschlussbericht äußern zu wollen.

Die Staatsanwaltschaft der Schwarzwaldmetropole teilte unterdessen mit, den Missbrauchsbericht prüfen zu wollen. Es gehe unter anderem um die Frage, ob es einen Anfangsverdacht gegen bestimmte Personen gebe. »Angesichts des Umfangs des Berichts wird dies gewisse Zeit in Anspruch nehmen.« Seit der Veröffentlichung der rund 600 Seiten starken Studie seien keine Strafanzeigen gegen Zollitsch und andere Verantwortliche bekannt geworden oder eingegangen, sagte ein Sprecher auf Anfrage.

Es gebe beim Tatbestand des sexuellen Missbrauchs keine eindeutigen Verjährungsfristen, da sich die Gesetzeslage in der Vergangenheit mehrfach geändert habe. Es müsse also in jedem einzelnen Verfahren geklärt werden, ob Taten verjährt seien oder nicht. Ermittlungsverfahren könnten generell nur eingeleitet werden, falls es Anhaltspunkte für Straftaten gebe.

Auch das benachbarte elsässische Erzbistum Straßburg wird von Turbulenzen erschüttert. Der Straßburger Erzbischof Luc Ravel (65) reichte nach Vorwürfen einer autoritären Amtsführung sein Rücktrittsgesuch beim Papst ein, wie die katholische Bischofskonferenz in Frankreich mitteilte.

Erzbistum Freiburg

Seite Aufklärungskommission mit Bericht

© dpa-infocom, dpa:230420-99-389593/3